„Hasenohren“ und „Berg-und-Tal“ – was ist das?

Immer wieder tauchen in Objektivbeschreibungen diese beiden Begriffe auf, die man gemeinhin nicht in der Beschreibung technischer Geräte erwartet. Was hat es damit auf sich?

"Berg-und-Tal"-Nikkor 50/1,4

„Berg-und-Tal“-Nikkor 50/1,4

Zunächst zu den „Berg-und-Tal“-Objektiven. Die ersten Nikkore waren mit einem Fokusring aus massivem Metall ausgestattet. Zur Verbesserung der Griffigkeit wurden in die geriffelte Oberfläche („Berg“) viele muldenförmige glatte Vertiefungen („Tal“) eingefräst. Diese Produktionstechnik verpasste den alten Linsen ein charakteristisches Erscheinungsbild, weswegen sich im deutschen Sprachraum diese eigentümlich anmutenden Bezeichnung durchsetzte.

Seit Mitte der siebziger Jahre wurde dann der Entfernungsring stattdessen mit einer breiten geriffelten Gummbeschichtung versehen, so wie auch heute noch üblich.

Wegen der kultigen Retro-Optik sind die Berg-und-Tal-Nikkore aber bei Sammlern und auch traditionsbewussten Fotografen immer noch recht  beliebt. Durch die Anfälligkeit für Farbabrieb an den relativ scharfen Kanten sind aber wirklich sehr gut erhaltene Stücke heute schwer zu finden.

Nun zu den „Hasenohren“. Nikon begann bekanntlich Mitte des letzten Jahrhunderts, Spiegelreflexkameras mit Wechselobjektiven zu bauen. Um dem Belichtungsmesser der Kamera mitzuteilen, welche Blende am Objektiv eingestellt war, musste dazu eine mechanische „Schnittstelle“ entwickelt werden. Diese bestand aus der am Objektiv angeschraubten Blendengabel, die in einen Zapfen an der Kamera angekuppelt wurde. Für diesen kleinen Blechwinkel hat sich die Bezeichnung „Hasenohren“ etabliert. Bei den frühen Nikkormat-Modellen musste übrigens beim Objektivwechsel der Blendenwert 5,6 eingestellt werden. Die Photomic-Sucher der Nikon F und F2, F2S und F2SB verfügten über eine federnd aufgehängte Zapfenkupplung, so dass die eingestellte Blende beim Objektivwechsel egal war. Allerdings musste nach dem Ansetzen der „Nikon-Ritsch-Ratsch“ ausgeführt werden, ein hin-und-herdrehen des Blendenringes zum Einrasten und Speichern der grössten Blende.

die "Hasenohren"

die „Hasenohren“ an einem AI-Objektiv

Das war etwas umständlich und erfreute auch nicht grade die Designer. So wurde Mitte der 70er Jahre die sogenannnte AI-Kupplung („Automatic Indexing“) entwickelt. Jetzt brauchte das Objektiv nur noch eine kleine Stufe am Blendenring, der Blendenwert wurde über einen federnden Mitnehmerring am Bajonettrand der Kamera übertragen. Der Objektivwechsel wurde dadurch sehr vereinfacht. Ab 1977 wurden alle Kameras und Objektive mit dieser AI-Kupplung ausgerüstet. Die Blendengabel war jetzt eigentlich überflüssig. Trotzdem wurden aber weiterhin alle manuellen Objektive (ausser der E-Serie) damit ausgestattet, um eine Verwendbarkeit auch an den älteren („nonAI“) Kameras zu gewährleisten. Jedoch bekam die Blendengabel zwei weitere Löcher. Die AI-Objektive verfügen nämlich über eine weitere kleinere Skala am Blendenring, die in den Sucher der Kamera eingespiegelt werden kann. Durch die Löcher in den Hasenohren wurde das Ablesen der Blende im Sucher erleichtert.

Aber die alten nonAI-Objektive konnten auch an einigen AI-Kameras verwendet werden: die Nikon EL2, die FE, die FM und die F3 hatten eine einklappbare AI-Kupplung, die dem breiteren Blendenring der NonAI-Objektive nicht im Weg war. Allerdings war damit nur eine Gebrauchsblendenmessung möglich. Übrigens ist auch die neue Nikon Df mit einer einklappbaren AI-Kupplung ausgestattet. Die am (nonAI-)Objektiv eingestellte Blende wird dann auf einem Einstellrad der Kamera mitgeteilt, so dass wieder eine Offenblendmessung möglich ist.

Zur Verwendbarkeit von manuellen Objektiven an den anderen Digitalen Nikons lesen Sie hier mehr.

In den Angeboten im Nikonclassics Onlineshop wird jeweils auf die Kompatibilität zu verschiedenen Nikons hingewiesen.

 

3 Gedanken zu „„Hasenohren“ und „Berg-und-Tal“ – was ist das?

  1. Randle P. McMurphy

    Mechanisch ist diese Objektivgeneration das hochwertigste das Nikon je gebaut hat. Immer wenn ich nach einem Wochenende eine der neuen Digitalen anfasse um kurz
    ein paar Bilder zu schießen denke ich – klappert da was – hat da einer was kaputt gemacht ?

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  2. Ralf Matz

    Für die Nikon Z6/Z7 ist ein FTZ-Adapter erhältlich, der für Nikon-Objektive mit F-Bajonett gedacht ist. Allerdings steht in der Anleitung, dass pre-AI-Objektive nicht angesetzt werden dürfen, da sonst der Adapter womöglich beschädigt wird. Mit dem Pendant z.B. von Novoflex klappt das Anschließen dieser älteren Objektive an eine Z problemlos.

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  3. Philip

    Kannte den Begriff ‚Berg und Tal‘ nicht. Dachte es mir natürlich, wusste es aber nicht.

    Ich besitze noch den Satz Objektive meines Vaters von 1973 – 28/3.5, 50/2 und 105/2.5, mit denen ich als Kind ab ’85 mit der Nikkormat fotografieren lernte. Bin froh, dass irgendjemand meinem Vater gescheit abkassierte und er nichts vom 43-84er Zoom wusste… hätte er wahrscheinlich vorgezogen 😅

    Da das 105er aber immer, selbst später, verschmäht wurde, ist es heute noch völlig jungfräulich… schwergängig, ohne die geringste Macke und einfach nur geil. Auch digital unfassbar scharf und trotzdem eben so pastellig soft. Ich hüte es wie meinen Augapfel. Wahrscheinlich von allen Objektiven das, dass mir am meisten bedeutet. Schwer zu erklären – also Euch natürlich nicht 👍🏼

    Interessanterweise ist das 50er, das ich zu 80% verwendete, völlig durchgenudelt, wackelig (leichtgängig wäre untertrieben) – aber immer noch einwandfrei. Die Qualität ist wirklich aussergewöhnlich.

    Ich hoffe, dass die Leute, die pre-Ai immer noch kaputtfeilen, um sie auch noch digital zu nutzen… sich nicht auch an den metallenen vor 1975 vergreifen. Ist ja so, als ob ich nem alten 911er ne Automatik einbaue, statt endlich fahren zu lernen. Ich hatte schon Schmerzen, als ich einfach nur das ‚Hasenöhrchen‘ mal abrschraubte – und in einem grauem Filmdöschen verstaute…. aber ich hatte es alsbald wieder drangeschraubt… sah völlig nackt und kacke aus, ohne…

    Freu mich jedenfalls immer, wenn ich hier was schönes zu lesen und gucken bekomme. Danke.
    Philip

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