Der Einsatz von manuellen Objektiven an modernen Digitalkameras erfreut sich ja zunehmender Beliebtheit. Ist ja auch eine schöne Sache. Warum das sinnvoll ist lesen Sie hier.
Aber immer wieder erreichen mich Anfragen, warum ich die legendäre „Dandelion“-CPU nicht mehr verkaufe. Eine Zeitlang war diese nämlich – in Deutschland exklusiv – bei Nikonclassics erhältlich. Leider gab es damit aber ein paar Probleme. Aber erstmal für alle, die nicht wissen, was das eigentlich ist:
Die Dandelion-CPU, entwickelt von dem russischen Erfinder Viktor Luschnikow, ist ein nachrüstbarer Mikrochip für manuelle Objektive. Dieser kleine Chip kann an alten Nikkoren angebracht werden, um das Objektiv mit allen verfügbaren Kamerafunktionen an allen(!) Digitalen Nikons verwenden zu können! So wird Programmautomatik, Matrixmessung und Fokusbestätigung möglich. Die Objektiv- und Belichtungsdaten werden automatisch in den EXIF-Header geschrieben. Die CPU kann an einigen Nikkoren einfach aufgeklebt werden, an vielen muss jedoch der Hinterbau demontiert und eine passende Aussparung gefräst werden.
Und genau das ist das Problem: diese Positionierung muss EXTREM genau passieren. Abweichungen im Bereich von Millimeterbruchteilen führen bereits zu Problemen. Selbst die Anbauschablone hilft da nicht viel. Dann funktioniert das Objektiv vielleicht an der einen Kamera, an einer anderen passt es nicht und die Kontakte der CPU werden beim gewaltsamen Ansetzen zerstört. Ich musste selbst diese Erfahrung machen: mein 100/2,8 Series E hatte ich mit einer CPU ausgestattet, um es an meiner „Urlaubskamera“ D5000 einzusetzen. Klappte auch lange Zeit wunderbar, bis ich es mal an die D3 ansetzte: ratsch, waren zwei Kontakte ab. Weil auch viele Kunden damit zu kämpfen hatten, habe ich die CPU deshalb mittlerweile aus dem Programm genommen.
Inzwischen bin ich auch der Ansicht, dass die Dandelion-CPU deswegen keine optimale Lösung ist. Die Vorteile sind ja auch überschaubar. Gut, die EXIF-Objektivdaten werden automatisch in die Bilddatei geschrieben. Das werden sie aber auch, wenn man die Objektivdaten im Kameramenü einmal eingegeben hat. Okay, Programmautomatik funktioniert. Aber auch nur mit AIS-Nikkoren; AI-Linsen oder gar non-AI-Objektive haben keine proportionale Blendensteuerung, da führt die Blenden-oder Programmautomatik zu mehr oder weniger starken Belichtungsabweichungen. Ausserdem: manuell zu fokussieren, die Blenden- und Zeitwahl dann aber komplett der Kamera zu überlassen finde ich eigentlich widersprüchlich.
An den Digitalen Bodies mit AI-Kupplung (Df, D4, D3, D2, D1, sowie D800, D600/601, D700, D7000, D300, D200 und Fuji S5pro) lässt sich jedoch problemlos auch OHNE Dandelion-CPU mit manuellen Objektiven arbeiten. Mit AI/AIS-Objektiven wird dann die Blende wie früher am Objektiv eingestellt, Zeitautomatik und Matrixmessung (auch TTL-Blitzmessung) funktioniert, oder es wird im manuellen Belichtungsmodus gearbeitet. Im Menüpunkt „Objektivdaten“ werden diese einmal eingegeben und dann werden sowohl in den EXIF-Daten als auch im Sucher die richtigen Werte angezeigt.
Die alten non-AI-Linsen müssen allerdings dazu auf AI umgebaut werden (ausser bei der Df, die kommt – wenn auch etwas umständlich – auch mit den ganz alten Linsen klar). Den Umbauservice für alte Objektive bot Nikon seit der Einführung der AI-Blandenkupplung 1977 selbst an. Dazu wurde der Blendeneinstellring am Objektiv ausgetauscht. Leider sind diese Umbauteile jedoch inzwischen fast alle verbaut, nur für einige eher exotische Objektive finden sich noch Restbestände in den Weiten des Internets.
Es gibt allerdings noch eine andere Methode zur Modifizierung: das partielle Abfräsen des Blendenringes. Hierbei wird eine Lücke in die Hinterseite des Blendenringes gefräst (oder notfalls gefeilt) und an der richtigen Stelle eine Stufe stehen gelassen, die dann als AI-Kupplung fungiert. Der Blendenring muss zum Bearbeiten natürlich vom Objektiv abgebaut werden. Wie das genau funktioniert steht hier. Die etwas selbstgebastelt aussehende zweite Blendenskala ist allerdings nicht unbedingt nötig, da die Blende bei modernen Kameras ja nicht mehr eingespiegelt, sondern im Sucherdisplay elektronisch angezeigt wird. Auch die „Hasenohren“-Blendenkupplung stört eher und wird ja auch nicht mehr gebraucht, es sei denn, man möchte das Objektiv noch an ganz alten analogen Kameras ohne AI-Kupplung verwenden. Zu beachten ist bei der Modifikation, dass die Stufe an genau der richtigen Stelle sitzt. Eine Ausführung durch eine Fachwerkstatt ist anzuraten. Bis jetzt weiss ich allerdings nur von einer Werkstatt die das noch macht: Kamera Service Hoffmann in Stuttgart (40€ zzgl MwSt und Versand). Wer aber allerdings selbst die Feile schwingen will, sollte genau wissen, was er tut, sonst sieht es nachher so schlimm aus wie hier… . Und Achtung: Bei einigen prä-AI Objektiven kollidiert der Hinterlinsentubus mit den AF-Kontakten der modernen Kameras.
Im Nikonclassics Onlineshop gibt es aber diese umgebauten Objektive manchmal zu kaufen – ich werde mich bemühen, weitere Exemplare aufzustöbern!
Bei den „kleinen“ Nikons (D40, D50, D60, D70, D80, D90, D100, D3x00, D5x00) ist allerdings mit manuellen Objektiven keine Belichtungsmessung möglich. Da hilft nur schätzen. Aber das übt!
Hallo,
erst einmal finde ich Ihre Infoseiten sehr informativ. Nachdem ich mich mehr als 20 Jahre lang mit dem Exakta- System beschäftigt hatte, (dann aus familiären Gründen 20 Jahre Pause mit dem Foto- Hobby), versuchte ich 2011 den Wiedereinstieg in die Fotografie. Dabei fand ich, dass nur ein System, das seinem Bajonett von den Anfängen 1959 bis heute die Treue hält, in Frage kommt, also Nikon. Als Kamera wählte ich die Nikon D5000, eine Kamera, die vielmehr kann, als man gemeinhin denkt und aus der Literatur erfährt, so z.B. die Tiefenschärfekontrolle. (Falls das jemand interessiert, wie das geht, schickt mir einfach eine Mail). So zählt die D5000 zu den wenigen DSLR- Nikon, an die ALLE Nikkore passen. Aber, und das ist der Grund für meinen (etwas ausführlichen) Kommentar, das macht bei den älteren Nikkoren nur richtig Sinn, wenn die Belichtungsmessung und Schärfekontrolle funktioniert.
Und das funktioniert mit den Dandelion- Chips perfekt.
Daher finde ich es schade, daß dieser an sich hervorragend funktionierende Chip, pauschal als Mist bezeichnet wird.
Es ist etwas eigenwillig, wenn man sich beklagt, daß diese Chips, sehr präzise montiert werden müssen. Nun, ich kenne kein Teil an einem Objektiv, das nicht auf den hundertstel Millimeter genau gebaut ist. Da ist der Einbau eines Dandelion-Chips auf einen zehntel Millimeter genau, geradezu grobschlächtig. Wenn man allerdings keine Erfahrung mit feinmechanischen Arbeiten hat, oder wenn einem das entsprechende Werkzeug fehlt, was u.U. der Gebrauch einer Fräse oder Drehmaschine sein kann, sollte man besser die Finger vom Einbau lassen. Dafür bietet die Firma, die den Chip hier in Europa vorzugsweise vertreibt für relativ günstiges Geld den Einbau an.
Mit den oben beschriebenen Fähigkeiten, kann man es aber auch getrost selbst machen. Ich kann mit Fug und Recht sagen, daß ich weiß wovon ich spreche, da ich ca. 50 dieser Chips inzwischen verbaut habe. Natürlich mußte auch ich Lehrgeld zahlen, und habe zwei Chips im Laufe meiner Umbauarbeiten ruiniert, aber das macht beim derzeitigen Preis für die Teile mal gerade einen Euro pro Objektiv aus.
Aber der Lohn der Arbeit ist die Mühe wert. Ältere Nikkore, insbesondere die Festbrennweiten, bieten eine hervorragende Qualität, sowohl mechanisch, als auch optisch (Randunschärfen bei DX egal), und sie sind für einen guten Preis zu haben. Besonders empfehlenswert ist die Suche auf dem japanischen Markt. Der Japaner mag keine gebrauchten Sachen witziger Weise insbesondere keine von japanischen Firmen, wie mir anläßlich einer Reise dorthin glaubhaft versichert wurde. Deshalb sind gebrauchte Objektive aus Japan meist in sehr gutem Zustand, und aufgrund der dort relativ geringen Nachfrage auch recht preisgünstig.
So vielen Dank für die Aufmersamkeit, und bauen Sie (fachmännisch) ruhig diesen (Mist-) Dandelion- Chip ein. Es lohnt sich.
Danke für den Bericht. Ich habe bereits gute und schlechte Erfahrungen mit dem selber aufgeklebten Chip gemacht sowie gute mit dem Umbau eines Non-AI-Objektives (gefeilte Lösung).
Zu den schlechten Erfahrungen:
– Die Programmierung erfordert genaues Lesen und Verstehen der Anleitung, die recht schwierig formuliert ist, um es vorsichtig auszudrücken. Aber ab dem zweiten Chip geht es dann routiniert und flott.
– Mir ist ein mit Cyano-Sekundenkleber befestigter Chip wieder herausgefallen. Gott sei Dank weder ins Objektiv noch in den Spiegelweg. Sekundenkleber wirkt so schnell, dass ein korrigieren des richtigen Sitzes nicht möglich ist. Vielleicht hatte ich den schon fast angehafteten Chip noch zu spät bewegt, so dass der Kleber nicht mehr richtig anziehen konnte.
Ich werde mit diesen Erfahrungen weiter machen und weitere Objektive nachrüsten. Das schöne: Mit den älteren Modellen von Nikon funktioniert die Schärfefalle (z.B. Nikon D700), die bei den neueren Modellen nicht mehr verfügbar ist. Damit schafft man superscharfe Fotos, indem man auslöst und dann den Entfernungsring leicht dreht. Z.B. gelingt es, das Auge eines Vogels in den Messpunkt zu nehmen, auszulösen und manuell zu fokussieren – das Foto sitzt! Mit dem AF klappt das in der Regel nicht, weil der AF in der falschen Entfernung sucht bis der Vogel weg ist.
Mich würde die E-Mail Adresse des anderen Beitrags interessieren – er schreibt etwas von Schärfentiefe. Leider vermisse ich diese Information bei den neuen AF-Objektiven, die bei den MF-Objektiven eine gute Hilfe waren.
Und am Ende noch ein Argument für den Chip: Ohne optische Einstellhilfe ist mit den neuen Kameras und deren billige Sucher ein Scharfstellen nicht möglich. Der Chip hilft bei der elektronischen Schärfekontrolle, die ja sonst nicht verfügbar ist.
Hallo ,
es ist sehr interessant von anderen Erfahrungen zu hören. Ja es ist absolut richtig, mit Cyan-Acrylat-Kleber ist das Kleben des Chips ein risikoreiches Unterfangen. Ich benutze statt dessen den „Pattex Extrem Repair“ als Kleber.
Vorteile: Man kann einige Minuten lang korrigieren, er ist für einen großen Temperaturbereich (-20°C bis +120°C) ausgelegt und, – und das war für mich das wichtigste -, er bleibt geringfügig elastisch. Da Aluminium und Kunststoff einen abweichenden Temperaturkoeffizienten haben, besteht kein Risiko, daß der Chip wegen Temperaturschwankungen auf die Dauer eines Tages runterfällt, oder stößt man einmal etwas unsanfter gegen den Chip, sei es beim Ansetzen des Objektivs an die Kamera, oder beim Aufsetzen der Optik mit der Rückseite auf einen Tisch, und sowas fängt der elastische Kleber dann ab.
Nachteil: Bis zur Kontrolle, ob die „Operation Dandelion- Chip“ erfolgreich war, muß man 2 Stunden warten, bis eine genügende Festigkeit erreicht ist, damit man die Optik an die Kamera ansetzen kann, ohne daß der frisch geklebte Chip wieder runterfällt, aber man kann bei einem eventuellen Fehler dann noch einmal den Chip mittels eines Skalpells wieder lösen und erneut aufkleben. Die Zeit bis zur Aushärtung beträgt im Minimum 2 TAGE!! Er verfestigt sich mit zunehmender Dauer weiter, ist fest genug, wird aber nie „steinhart“.
Thema Schärfentiefe/Tiefenschärfe:
Mein Kommentar im letzten Kommentar bezog sich im Wesentlichen auf die Nikon D5000, von der behauptet wird, aufgrund der fehlenden Abblendtaste sei eine Tiefenschärfekontrolle nicht möglich. Also, es war von Nikon sicher richtig, der Kamera KEINE Abblendtaste zu spendieren, denn wie so richtig beschrieben wurde, taugen die Spiegelprismensucher für die Schärfekontrolle nicht sonderlich viel. Aber man hat der D5000 ja ein LiveView spendiert, und das funktioniert sehr gut. Hier die kurze Anleitung zur Ansicht der Schärfentiefe: Man stellt die gewünschte Blende im Modus „A“ (Blendenvorwahl) an der Kamera ein und schaltet den „LiveView“ ein. Dann stellt die Kamera am Objektiv die an der Kamera eingestellte Blende ein und man sieht die Tiefenschärfe auf dem Monitor (durch die „Lupenfunktion sehr gut kontrollierbar). Ändert man jetzt den Blendenwert an der Kamera, muß man den LiveView kurz aus- und wieder einschalten (paßt den Blendenwert an), und schon sieht man die veränderte Tiefenschärfe. Funktioniert perfekt.
Vermutlich geht das auch bei anderen Kamera-Modellen, die LiveView und einen entsprechend mageren Sucher haben.
Übrigens noch eine Bemerkung zu den Non-AiS Objektiven.
Es wird vielfach behauptet, auch in der Anleitung des Dandelion-Chips, daß dieser Objektiv-Typ keine lineare Blendenübertragung hat, und deswegen die Automatik-Springblende nicht ordnungsgemäß funktioniert.
Nun, genauere Untersuchungen an diversen Objektiven dieses Typs haben mir gezeigt, daß die Anfangs- und Endpunkte der Blendensteuerungs- Hebel nicht kompatibel sind zu allen neueren Objektiven, heißt, daß die Blendenöffnung zwar vollständig auf, aber nicht im Endpunkt der Kamerasteuerung vollständig geschlossen wird. Man muß „nur“ den Blenden-Hebel derart modifizieren, daß beim Aufsetzen des Objektivs die Blende „gerade mal so“ voll auf geht, und zwar im allerletzten Moment vor dem Einrasten des Sicherungsstifts. Dann, und nur dann ist sicher gestellt, daß beim Objektiv die Blendenöffnung auch voll schließt. Und siehe da, die Blenden- Steuerung mit dem Dandelion- Chip klappt fehlerfrei, also ohne Belichtungsabweichungen.
Weiterhin viel Erfolg mit den Objektiv Umbauten, die alten Linsen belohnen uns mit perfekten Bildern.
Also, nachdem hier einige Profis am Werk sind, eine Frage: warum wird die Blendeneinstellung auf meinem Zeiss 35mm ZF (nicht ZF2!) nicht an die D90 übertragen? Kann man da was modifizieren an Objektiv oder Bajonett (abgesehen vom oben beschriebenen Dandelion Einbau)?
Objektive ohne CPU können an der D90 nur ohne Belichtungsmessung verwendet werden. Siehe auch hier: http://nikonclassics-michalke.de/blog/?page_id=1738
Ich verwende mit meinen Kameras auch diverse manuellen Objektive. Bin mit dem Workflow und den Ergebnissen sehr zufrieden.
Ich verwende die Chips seit Jahren ohne Probleme. So mistig finde ich diese nicht.