F801 – die Profikamera für Amateure

Mit der Nikon F501 und der F401 waren Ende der 80er Jahre ja schon zwei Amateur-Nikons mit Autofokus erhältlich. Im Frühjahr 1988 kam mit der Nikon F801 (in den USA N8008) aber das erste Autofokus-Spitzenmodell für den Amateurfotografen auf den Markt. Es zeigte sich aber schnell, dass auch viele Profis an dem vielseitigen und sehr erfolgreichen High-Tech-Gerät Gefallen fanden, wofür nicht nur der erstmals in einer kompakten Kamera verbaute HP-Sucher sorgte. Die Nikon F801 wartete mit vielen technischen Raffinessen auf, und verlor auch nach dem Erscheinen der deutlich größeren F4 nur wenig an Popularität.
Man merkte der Nikon F801 deutlich an, dass sich Nikon viel Zeit gelassen und viel Liebe zum Detail investiert hatte, um neben den Automatik-Funktionen  für Schärfe und Belichtung auch die manuelle Bedienung so komfortabel und vielseitig wie möglich zu gestalten – und darüber hinaus garniert mit Bestleistungen. So war die F801 beispielsweise die erste Spiegelreflexkamera mit der sensationell kurzen Verschlusszeit von 1/8000 Sek., und sie wartete auch mit dem zu ihrer Zeit schnellsten integrierten Motorantrieb auf: 3,3 B/Sek.

Die F801 ist die erste Nikon mit LCD-Anzeige und Tasten statt der konventionellen Bedienungselemente. Doch glücklicherweise hat man nicht ganz auf das Einstellrad verzichtet, es findet sich in etwas abgewandelter Form als zentrales Bedienungselement wieder. Zwar erfolgt die Anzeige in einem Flüssigkristall-Display, die Verstellung der Werte jedoch mit dem Einstellrad, das rechts außen und mit dem rechten Daumen bequem erreichbar angeordnet ist. Sämtliche Verstellungen erfolgen hier, nachdem die jeweils zu verändernde Funktion  über eine Taste auf der linken Gehäuseseite angewählt wird. Dieses Prinzip hat sich bis in die modernen Digitalkameras bis heute erhalten.
Die Kamera wird über einen Schiebeschalter über dem Auslöser eingeschaltet. Dieser sitzt auf einem dicken Handgriff, der aufgrund seiner angenehmen Form sehr gut in der Hand liegt.
In der oberen Reihe des LCD-Displays werden die Belichtungsart, die Messmethode und ein etwaiger Korrekturwert angezeigt. In der mittleren Reihe befindet sich die Anzeige für Filmempfindlichkeit, Zeit und Blende, ganz unten Filmtransport-Kontrolle, Selbstauslöser, Mehrfachbelichtungen und das Bildzählwerk. Beim Einschalten erscheinen allerdings lediglich Belichtungs- und Messart, Filmlaufkontrolle und Bildzählwerk, erst beim Antippen des Auslösers kommen Zeit und Blende hinzu.
In Sachen Belichtungsautomatiken bietet die F801 alles, was das Herz begehrt: Zeit-, Blenden- und Programmautomatik, letztere unterteilt in Normal-, Kurzzeit- und Dual-Programm, der automatischen Programmwahl in Abhängigkeit von der Brennweite wie bei der F501. Neu ist der Programm-Shift: die von der Kamera gewählte Zeit/Blenden-Kombination kann mit dem Einstellrad unter Beibehaltung der korrekten Belichtung beliebig verändert werden. Zur Information blinkt dabei die P-Anzeige. Bei der Blendenautomatik wird am Einstellrad die Zeit eingestellt. Liegt diese außerhalb des mit dem Objektiv möglichen Blendenbereichs, erscheint anstelle der Blende die Anzeige “Hi“ oder “Lo“ sowie das Korrektursymbol. Dabei wird selbstverständlich angegeben, um wie viele Blendenstufen die Zeiteinstellung korrigiert werden muss.

Bei der Zeitautomatik wird wie gewohnt die Blende am Objektiv eingestellt, das Einstellrad ist ohne Funktion. Bereichsüberschreitungen werden wie bei der Blendenautomatik angezeigt. Im manuellen Betrieb werden die Blende am Objektiv-Blendenring und die Zeit am Einstellrad eingestellt.
Neben Zeit und Blende zeigt die F801 die eventuelle Abweichung der Zeit/Blenden-Kombination über eine Skala auf 1/3 Blende genau an. Der einstellbare Verschlußzeitenbereich erstreckt sich von der erwähnten superkurzen 1/8000 bis zu vollen 30 Sekunden.
Ergonomisch gut angeordnet ist rückseitig die Schiebetaste für die Meßwertspeicherung und der Knopf zum Einschalten der Sucherbeleuchtung, die sich im Normalfall automatisch zuschaltet, wenn das Umgebungslicht unter EV 6 sinkt.
Und dieser Sucher verdient es wirklich, beleuchtet zu werden, serviert er doch fast alle Daten des außen sichtbaren Displays: Zeit, Blende, Betriebsart, Belichtungskorrektur, Blitzbereitschaft und AF-Anzeige werden unterhalb der Einstellscheibe eingespiegelt. Selbst die Filmempfindlichkeit kann bei Druck auf die ISO-Taste im Sucher abgelesen werden. Die serienmäßige Einstellscheibe des Typs B kann gegen die Versionen E oder J ausgewechselt werden, sichtbar sind etwa 92% des effektiven Bildformats. Neben seinen umfassenden Informationen glänzt der Sucher durch eine weitere erfreuliche Eigenschaft: es ist die von der F3 HP bekannte “high eyepoint“-Version, der auch Brillenträger in die Lage versetzt, das gesamte Sucherbild bis in die Ecken zu überblicken.

Die ab 1991 erhältliche weiterentwickelte F801s unterscheidet sich von der F801 durch ein verbessertes Autofokusmodul (AM200), das die Schärfe dank eines Schrittmotors 15% schneller einstellt. Der „kernlose“ und damit geräuschlose Fokussiermotor, der dem der F4 entspricht, ist ein wirklicher Fortschritt, weil das Surren beim Druck auf den Auslöser und der damit verbundenen Scharfstellung des Objektivs mittels des Einstellmotors entfällt. Ausserdem verfügte die F801s nun über eine Schärfenachführung und eine Spotmessung.

5 Gedanken zu „F801 – die Profikamera für Amateure

  1. Markus Klümper

    Sehr feiner Rückblick auf eine der praxisgerechtesten Kameras aller Zeiten. Alleine der Sucher: Ganz großes Kino. Auch wenn die weiterentwickelte F90(x) feiner belichtete, war die 801 unterm Strich die bessere, weil schnörkellosere und vor allem robustere Kamera. Jedenfalls kenne ich so einige Kollegen, die nach F3-Desastern mit ner 801s weitergearbeitet haben und sehr happy waren. Meine F801s ist das treueste Fotogerät was ich je besessen habe. Würde ich nie freiwillig abgegeben! Besser war höchstens die F100.

    Hinsichtlich der Historie hätte ich noch eine kleine Anmerkung, wobei ich nicht sicher bin, wer recht hat: Meines Wissens nach kamen die 801 und die F4 ziemlich zeitgleich auf den Markt. Später bekam die 801s neben der Spotmessung auch den schnelleren AF, den die F4 per heimlicher Modellpflege bekam.

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  2. Markus Klümper

    Eine meiner liebsten Kameras. Die F801s hat im Prinzip keine Schwächen! Einzig die Proportionen muss man mögen, da waren seinerzeit die EOS etwas besser. Aber nur solange man nicht durch den Sucher schaute. Hier ist die F801s bis heute ungeschlagen. Da kommt auch die F90-Reihe nicht mit, da ihre Sucheranzeigen nicht mehr so übersichtlich waren. Aber die F90 waren trotz erheblicher Bauähnlichkeit schlechter, deutlich weniger solide. Meine F801s ist das Robusteste, was es in ihrer Liga gab! Und in der Belichtung derart zuverlässig, dass die F90 nur bei Blitzen auf Diafilm spürbar präziser war.

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  3. Hildegard Schwaiger

    Ich habe auch noch eine F-801 samt MF-21 noch nie verwendet und originalverpackt.
    Ich bring es einfach nicht übers Herz, meine Nikon F-801 zu entsorgen.

    Grüße aus Tirol
    Hildegard

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  4. Stefan Staudenmaier

    Mir fiel die F801 erst sehr spät in die Hände.
    Hier war der Preis das ausschlaggebend Argument
    und da die zeitgleich erschienene F4 deutlich teurer
    ist durfte die F801 mit in die Fototasche !

    Ich wollte eine unauffällige kompakte Kamera für
    Streetfotografie – Zeitautomatik & Motor helfen
    dabei und in Kombination mit meinem manuellen
    Q 3,5/135 liegt die Kombination gut in der Hand !

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