Neulich brauchte ich für einen Auftrag ein 300mm-Objektiv, und ich fragte mich, ob wohl ein neueres Zoom oder eine ältere Festbrennweite bessere Ergebnisse bringen würde. Um auch meinen Kunden diese Frage zu erleichtern, habe ich mal ein paar Linsen verglichen. Die 2,8er Profilinsen habe ich mal aussen vor gelassen, die sind von Gewicht und Größe her, aber vor allem preislich eine ganz andere Liga.
Zuerst ein „moderner Klassiker“, das sehr robuste AF 300/4 IF-ED. Gebaut ab 1987 ist diese Linse das wohl stabilste kompakte 300er, das Nikon je gebaut hat. Es hat die gleiche Filterschublade für 39mm-Filter wie die großen 2,8er Profi-Teles. Im Jahr 2000 wurde es von einer AFS-Version abgelöst, die für ca. 1300 € noch im Handel ist. Die getestete AF-Ausführung gibt es gebraucht für deutlich weniger als die Hälfte.
Das Zoom-Objektiv Nikkor AF 75-300/4,5-5,6 wurde 1989 vorgestellt. Die Vollmetallbauweise trägt sicher zu seiner anhaltenden Beliebtheit bei, ebenso wie der relativ günstige Preis, zu dem dieses Kleinod heute gebraucht zu haben ist. Es wurde bis 1998 gebaut und ist optisch deutlich besser als der Nachfolger AF 70-300/4-5,6 D-ED, der komplett aus Plastik gefertigt wurde.
Zoom-Nikkor AF-S 70-300/4,5-5,6 VR
Im aktuellen Nikon-Sortiment findet sich das moderne AF-S 70-300/4,5-5,6 VR. Es funktioniert zwar mit den „kleinen“ Digital-Nikons wie D5000 etc, aber wegen des fehlenden Blendenringes nicht mit älteren Analogkameras. Das zum Grossteil aus Plastik gefertigte Drehzoom verfügt über einen Bildstabilisator und Linsen aus ED-Glas. Der Silent-Wave-Motor sorgt für schnellen Autofokus. Neupreis ca. 450,– EUR, gebraucht günstiger.
Nun zu den manuellen Objektiven, das neuere 300/4,5 AI IF-ED zuerst. Es ist das kompakteste 300mm-Objektiv von Nikon. Trotz der Vollmetallbauweise ist es durch die leichtgängige Innenfokussierung sehr handlich und für beste Performance mit hochbrechendem ED-Glas ausgestattet. Das Objektiv kam 1978 auf dem Markt, ab 1981 auch mit AIS-Blendenmechanik.
Das Vorgängermodell von 1977 ist etwas grösser und schwerer, denn es wird noch „konventionell“ fokussiert. Wie alle Nikon-Objektive dieser Zeit ist es superrobust. Damals erwarb sich Nikon mit Objektiven wie diesem den Ruf, Linsen für die Ewigkeit zu bauen (was man von den heutigen Nikkoren nicht immer behaupten kann…).
Nikkor 135/2,8 AI, Telekonverter TC-200
Zum Schluss noch ein Experiment: als absolut kleinste, leichteste und günstigste Lösung; ein 135er mit Telekonverter TC-200. Heraus kommt ein Tele mit 270mm Brennweite, aber einer Anfangsöffnung von nur 5,6, ebenso wie die getesteten Zoom-Objektive. Ist das eine brauchbare Alternative?
Die beiden Zoomobjektive wurden nur bei 300mm getestet, und zwar bei voller Öffnung 5,6. Da die Festbrennweiten aber durchweg lichtstärker sind als die Zooms, habe ich hier sowohl Bilder mit voller Öffnung und auch bei 5,6 eingestellt. Dass die Zooms bei stärkerem Abblenden auch besser abbilden, ist bekannt; hier sollen ja aber grade mal die Unterschiede gezeigt werden. Denn grade bei langen Brennweiten wird man meist nicht allzusehr abblenden, im kurze Belichtungszeiten zu erreichen.
Zuerst das Testmotiv im Überblick. Die zwei Ausschnitte auf den folgenden Vergleichsbildern – eins Nahe der Mitte und eins weiter am Rand – sind eingezeichnet. Weitere Anmerkungen zu den Tests siehe hier.
Als Fazit lässt sich sagen, dass erstaunlicher Weise das neueste AFS-Zoom die schlechteste Leistung bringt. Das ältere Vollmetall-Objektiv 75-300/5,6 ist da etwas besser (siehe dazu auch diesen Beitrag). Abgeblendet werden sie dann etwas besser, das geht aber nur bei gutem Licht. Wirklich gute Schärfe bei voller Öffnung bringen nur die Festbrennweiten; besonders knackig wird es, wenn sie leicht abgeblendet werden. Die manuellen Objektive müssen dabei natürlich sehr genau fokussiert werden. Das geht aber unter Zuhilfenahme der Fokusbestätigungsanzeige ganz gut. Die Kombination mit dem Telekonverter kann übrigens schärfemässig fast mit den Zooms mithalten, ist aber voll geöffnet doch etwas weich.
Alle diese Objektiv sind momentan günstig im Nikonclassics Onlineshop erhältlich!
Schöner Bericht!
Gibt es einen Test über das erste MF Zoom 4,5/ 50-300mm ?
L.G. Flöck Günter
Nein, dieses Objektiv habe ich (noch) nicht getestet.
mfg,
Norbert Michalke
Ich besitze das Nikkor AIs 4,5/300 und die ältere einfachvergütete Version
in Form das Nikkor H 4,5/300 teilweise als Orginal und auf AI modifiziert.
Das Nikkor H ist ein mechanischer Traum und würde heute wohl im Preisgefüge
der teuren Zeiss oder Voightländer liegen.
Wie die Vergütung Einfluss auf digitale oder analoge Ergebnisse hat habe ich
bisher noch nicht im Detail festgestellt – glaube aber das Abbildungsmängel
mehr auf das Konto bzw. Schlampigkeit des Fotografens gehen als auf eine
ungenügende optische Rechnung oder Verarbeitung.
Bei einem 300mm Objektiv ist Stativ Pflicht !!
Im Vergleich schneidet die Kombination 135+TC ja nun wie erwartet ab, immerhin sehr respektabel. Dass ein modernes Zoom offen nicht besser ist, finde ich schon erschreckend. Das 135er aber optisch vermutlich stark unter dem Konverter leidet, würde mich mal eine Ausschnittsvergrößerung OHNE TC interessieren. Die dadurch niedrigere Auflösung könnte man vermutlich in den meisten Fällen locker verschmerzen.
Zur Ehrenrettung der modernen Linsen muss aber auch berücksichtigt werden, dass der VR leicht ein- oder zwei Stunden Abblendung kompensieren kann, d.h. er ermöglicht Zeiten, die mitunter ein Abblenden erst möglich machen. In extremeren Situationen dürfte der VR schwerer wiegen als die eher mäßige Optik. Ich suche trotzdem den Vorgänger, denn wenn das Motiv hampelt, nützt der VR auch nüscht…
Habe das ED 300/4,5 mit IF an der Z6 getestet. Dank Pixel peaking lässt sich wunderbar schnell scharf stellen, die kameraeigene VR zaubert knackige Schärfe bei ruhigen Motiven bis 1/135 aus der Hand heraus.
Interessanter Test, Das AI IF-ED scheint ja nach wie vor echt TOP zu sein … da brauche ich mir abbildungsmäßig keine Gedanken über die Anschaffung eines AF 3/300 oder eines Zooms zu machen :-). Das IF-ED scheint sogar bei offener Blende mindestens genau so scharf zu sein wie abgeblendet.. Dank ED Glas. Ich habe mittlerweile die 300er Nikkor P 4,5 300 aus der F Zeit , das H 4,5 300 F/F2 Zeit , das Nikkor 4,5 300 aus der F2 Zeit und das IF-ED 4,5 300mm als Krönung… und ja das IF-ED ist mit großem Abstand und auch haptisch das beste.. schon durch IF einfach nur handlich.
Ich finde den Vergleich sehr gut. Er vereinfacht auch eine etwaige Kaufentscheidung.
Ich selbst benütze das 300 mm 4,0 AF. also den Vorgänger des neueren und auch wesentlich teureren AF-S
Ich bin mit dem Objektiv sehr zufrieden. Die Abbildungseigenschaften sind bei Blende 8 hervorragend.
Schlechtes Licht kann ich mit meiner Kamera (D4) mittels hoher ISO Empfindlichkeit kompensieren.
Einzig und allein ist für das Objektiv (3100gr.) ein Stativ fast unerlässlich.
Das Objektiv ist ein Kauftipp für ca. 400-500 auf speziellen Plattformen.
Hallo zusammen, der Bericht ist schon eine Weile alt, aber sehr interessant. Schade das ich diese Seite erst jetzt gefunden habe.
Ich habe ja ein Auge auf das Nikkor AF 300/4 IF-ED Objektiv, denn ich suche eine Festbrennweite für meine Nikon Z5. Und hätte die Frage, ob es denn noch nutzbar ist an das Z System? Einen FTZ ll Adapter habe ich zwecks 105mm macro von Sigma, mit dem ich sehr zufrieden bin. Kann mir hier jemand weiterhelfen mit dem Nikkor AF 300/4 IF-ED?
Vielen Dank.