Nach jahrelangen Gerüchten um die Entwicklung einer neuen Spiegellosen Vollformatkamera hat Nikon nun vor kurzem die neuen Modelle Z6 und Z7 vorgestellt. Sie verfügen über ein neues Bajonett und ein paar wenige Objektive sind auch schon dafür erhältlich. Ist das Ende der Spiegelreflex-Ära damit eingeläutet? Wird das legendäre F-Bajonett sterben?
Zunächst sollte man sich klar machen, daß es „spiegellose“ Kameras ja schon sehr lange gibt. Genau genommen ist ja die Spiegelreflexkamera eine Weiterentwicklung der „spiegellosen“ Messsucherkamera. Die Nikon-Geschichte begann mit der Nikon I Ende der vierziger Jahre, und bis 1961 baute Nikon noch Messsucherkameras mit Wechselobjektiv. Die aufkommenden Spiegelreflexsysteme, allen voran die Nikon F, verdrängten aber die Sucherkameras.
Nur der deutsche Kamerahersteller Leitz glaubte nicht so recht an die Spiegelreflex und baute munter weiter Sucherkameras: die legendäre Leica M wurde weiterentwickelt und wird bis heute produziert. Aber auch im Amateurbereich erfreuten sich Sucherkameras reger Beliebtheit, denn sie konnten anders als Spiegelreflexkameras klein und kompakt gebaut werden. Nikon baute noch bis in die frühen 2000er Jahre simpel zu bedienende Amateurmodelle.
Standardwerkzeug für Berufsfotografen blieb aber die Spiegelreflexkamera mit verschiedenen Wechselobjektiven. Gerade bei längeren Brennweiten zeigten sich die Nachteile der Messsucher-Leicas. Bei kurzen Brennweiten waren die Spiegelreflexsysteme wiederum im Nachteil: durch den Platzbedarf des Spiegels musste das Auflagemass grösser ausfallen, bei Weitwinkelobjektiven waren deshalb optische Verrenkungen notwendig um das in den Griff zu bekommen. Was allerdings auch gelang. Die Nikon Profimodelle bis hin zur F5 verfügten ausserdem über wechselbare Suchersysteme und machten die Spiegelreflex damit zum Universalwerkzeug.
Mit dem Fortschreiten der Digitalen Fotografie wird nun alles anders. Der alte Nachteil der Sucherkameras, nämlich nicht exakt das gleiche Bild zu zeigen, das auch auf den Film bzw Sensor kommt, ist mit einer spiegellosen Digitalkamera hinfällig. Denn vom Sensor kann das Bild direkt auf den Bildschirm der Kamera oder den elektronischen Sucher übertragen werden.
Die Vorteile der Spiegelreflexsysteme sind aber weiterhin das erstklassige helle und scharfe Sucherbild, das auch bei heller Sonne keine Probleme macht. Ob hier die Spiegellosen aufholen können wird sich zeigen. Ein weiterer Nachteil ist der hohe Strombedarf der Monitore im Dauerbetrieb.
Mit den beiden Schwestermodellen Nikon Z6 und Z7 hat Nikon jedoch ganze Arbeit geleistet. Und es gibt, nach 59 Jahren Nikon F-Bajonett, jetzt einen neuen Objektivanschluss: das Z-Bajonett. Geschuldet ist dies dem deutlich geringeren Auflagemass, das durch den fehlenden Spiegel ermöglicht wird. Zwar gibt es momentan nur eine kleine Auswahl an neuen Objektiven, aber mit einem Adapter können auch ältere Nikkore weiterverwendet werden.
Und nun fängt es an interessant zu werden. Erste Tests zeigen, daß das wunderbar funktioniert. Zumindest mit neueren AF-S-Nikkoren hat man über den Nikon FTZ-Adapter auch an den spiegellosen Nikons volle Kompatibilität. Mit älteren Objektiven gibt es aber (noch) Einschränkungen: der Stangen-Autofokus der AF- und AF-D-Reihen funktioniert bisher nicht, die Schärfe wird dann manuell eingestellt. Für Autofokus wäre ein Adapter mit eingebautem AF-Motor nötig, mal sehen, ob das mal jemand baut.
Und wie sieht es mit den schönen alten manuellen Linsen aus? Die gute Nachricht ist: die neuen spiegellosen Nikons Z6 und Z7 sind dafür schon vorbereitet. Im Kameramenü kann man die Daten von bis zu 20 (!) manuellen Objektiven eingeben, die dann auch in den Exif-Daten erscheinen. Dazu braucht man dann nicht einmal das teure original Nikon-Adapter, denn Novoflex bietet jetzt schon ein recht günstiges Adapter für manuelle Linsen an. Andere Hersteller werden folgen. Allerdings wird dann mit Gebrauchsblende gearbeitet, eine Springblendenfunktion wird nicht unterstützt.
Aber die manuelle Fokussierung wird vom Kamerabody unterstützt. Ähnlich wie bei den Sony-Modellen verfügen Z6/Z7 über ein dreistufiges Focus-peaking-System mit vier Farben zur Auswahl. Auf die Blendenübertragung wie bei den DSLR-Vollformat-Nikons müssen wir aber noch verzichten. Dazu wäre ein Adapter mit AI-Kupplung nötig, den es bisher noch nicht gibt. Technisch allzu aufwändig dürfte das allerdings nicht sein, denn viele Nikon DSLRs haben das ja wie gesagt bereits eingebaut. Ich bin gespannt, ob so etwas dann von Nikon selbst angeboten wird oder ob sich da ein Fremdhersteller ranwagt.
Und wie geh es jetzt weiter? Werden digitale Spiegelrefexkameras vom Markt verschwinden?Nein. Die Nikon D6 ist schon in Arbeit und soll 2019 erscheinen, so munkelt man bereits. Auch andere Hersteller entwickeln neue Spiegelreflexsysteme, sogar Leica. Millionen ältere Spiegelreflexkameras sind bereits auf dem Markt und werden auch noch viele Jahre ihre Dienste leisten. Die neue spiegellose Nikon Z-Serie ist also eine schöne Ergänzung, aber kein Ersatz.
Solange es keinen Bajonettadapter gibt der so viele Funktionen und Informationen übertragt wie das z. B. eine D600 macht , solange wird die DSLR nicht aussterben.
Hallo Herr Michalke,
sehr interessanter Artikel, den ich mit großem Interesse gelesen habe. Ihren Optimismus zur Zukunft der DSLRs kann ich aber nicht teilen. Die Spiegellosen haben doch einige Vorteile gegenüber den SLRs und können kostengünstiger produziert werden. Zudem können alle für Vollformat gerechneten Objektive auf die Spiegellosen adaptiert werden und je nach Aufwand beim Bau des Adapters vermutlich mit allen Funktionen. Ich vermute mal, dass die Verkaufszahlen und das Angebot an DSLRs allmählich sinken werden, entweder durch Desinteresse der Käufer oder durch Desinteresse der Hersteller, die kostspieligeren Apparate weiter zu produzieren. Der Blick durch einen SLR-Sucher ist zwar z.Z. noch schöner als ein Displaybild aber die Qualität der elektronischen Sucher wird auch immer besser. Bei available light sind sie jetzt schon überlegen. Ich kann mir jedenfalls vorstellen, dass die zukünftige D6 als ultimative DSLR entwickelt wird (wie zuvor die F6 für die Analogfotografie) und die weitere Entwicklung bei den Spiegellosen weitergeht. In dem Fall hoffe ich nur, dass die D6 von Gewicht und Größe eher der D850 als der D5 ähnelt (wiederum analog zur F6). Die Entwicklung mag man bedauern aber letztendlich tut es der Fotografie m.E. keinen Abbruch. Ich kann keinen gravierenden Nachteil der Spiegellosen erkennen. Vielleicht können wir uns bald über DSLRs bei Nikonclassics freuen, wenn sie erst mal zu den Klassikern gehören? Es bleibt jedenfalls spannend.
Ich glaube kaum dass sich Sportfotografen am Rand des Spielfelds mit „LCD-Suchern“ anfreunden können. Ebenso Fotografen die sich in der Wildnis auf die Lauer legen. Ein großer, heller, scharfer, optischer Sucher, der mir die Welt in Echtzeit zeigt wie sei ist, wird sicher bestand haben. Denn kein elektronischer Sucher wird auf absehbare Zeit so gut werden dass er die optische Auflösung schlägt – eigentlich logisch. Zumal jede Bewegung in Echtzeit gesehen wird, was beim LCD-Sucher technisch unmöglich ist. Abgesehen davon ist das „auf der Lauer liegen“ mit eingeschalteter Kamera beim spiegellosen System kaum möglich, da sonst ein Hochleistungs-Akku notwendig wäre, den es nicht gibt. Eine DSLR kann tagelang eingeschaltet bleiben. Bildrauschen: Ein Sensor der permanent unter Strom ist weil er ein Live-Bild liefern muss, wird auf Grund der Wärmeentwicklung mit der Betriebsdauer zu höherem Bildrauschen neigen. Ich hatte im Übrigen zu Beginn der Digital-Ära den Eindruck dass das Medium Film, welches zur Perfektion gereift ist, nun einem technisch unterlegenen Medium weichen soll und alles nochmal auf Anfang geht, ohne jegliche Not! Bis heute haben wir digital keinen solch gutmütigen Belichtungsspielraum wie bei hochwertigem Negativfilm und solche Reserven in Lichtern wie ihn guter Film liefert. Aber wir haben 50 Megapixel. Aber wir können keine Stadt bei Nacht fotografieren ohne hässliche, ausgefressene, weiße Lichter, ohne Tonwertabrisse. Spiegellos? Welch ein Fortschritt….
Ja, ich sehe auch schwarz für die DSLRs, egal welcher Marke. Nikon selbst wird keine Objektive mehr für den F-Mount herstellen, und die Fremdhersteller vielleicht noch sporadisch ein, zwei Jahre.
Als Besitzer einer DSLR (habe die D780) kann man auf einen Riesenfundus an Objektiven zurückgreifen (auch günstige gebrauchte), aber neue Kameras wird es wohl nicht mehr geben. Die coolen und noch dynamischeren Sensoren werden den spiegellosen Kameras vorbehalten sein.
Was ja nicht dagegen spricht, dass man mit seiner DSYlR noch viele Jahre Freude haben kann …
Um zuerst die Frage zu beantworten sollten wir uns bewusst werden das Nikon eine eigene Spiegellose anbietet kein technischer Fortschritt sondern den Bedürfnissen des Marktes oder den steigenden Verkaufszahlen der Mitanbietern geschuldet ist.
So gesehen lautet die richtige Antwort – Nein – dennoch steigt die Anzahl der Nutzer welche statt mit regulären Kameras Bilder mit immer leistungsfähigeren Smartphones machen und bestätigt eine Trendwende welche fast nur mit dem Siegeszug der Kleinbildkamera vergleichbar ist !
Schöner Artikel. Danke.
Der immense Strombedarf der MILCs ist für mich ein No-Go. Die SLR wird immer mehr Auslösungen pro Akku leisten können.
Davon ab: Bei den von mir benutzten Objektiven ist es von untergeordneter Bedeutung, wie groß und schwer die angeschlossene Kamera ist. 😉
Ich habe sofort meine D750, meine Df sowie alle AF-Objektive verkauft und steige kompromisslos auf die Z6 um. Ich bin sehr sicher, dass in absehbarer Zeit der Preis für Kamera-Gattung Dxx massiv fallen wird. Dann leiste ich mir vielleicht aus Spaß eine D6 🙂
Was ich aber nicht verkaufe: Meine über alles geliebte F3 Titan in Silber (kommt gleich nach meiner Gattin) und alle AIS-Objektive.
Übrigens – ich habe es getestet: Mein 50/1,2 AIS funktioniert an einer Z fantastisch!
Kann ich gut verstehen. Ist mE keine schlechte Entscheidung. Bei mur ist es auch ein emotionales Motiv. Ich mag den Spiegel und den Sucher der DSLR. Ich behaupte nicht, dass das sonderlich vernünftig wäre. Und ich habe halt eine ziemliche Menge an F-Glas, u.a. Zeiss. Auch an diesen Objektiven hänge ich …
Hallo Herr Michalke,
wenn ich eine Z Nikon erstanden habe, werde ich gleich fremdgehen. Und mit einem Olympus OM-System Zuiko Auto-Macro 1:2/90 mm fotografieren.
@Ulf
Herzlichen Dank und hoffentlich folgen noch mehr Amateure
Ihrem Beispiel……ähnlich günstig kam ich an eine ultrarobuste
Nikon D700 die auch Heute noch perfekte Bilder abliefert !
Aktuell organisiere ich meinen (günstigen) Wiedereinstieg ins
analoge Mittelformat.
Die Auktionspreise für Pentax 67 und Mamiya RB 67 Ausrüstungen
sind geradezu lächerlich weil die Generation welche diese Kameras
noch zu schätzen wusste und damit fotografiert schon längst in Rente
gegangen ist……
Eine vollmechanische RB wird auch dann noch funktionieren wenn
es schon keine Ersatzteile für „Spiegellose“ mehr geben wird……
Wirklich begeistern tun mich elektronische Sucher auch nicht, obwohl ich durch Videofilmen ständig damit zutun habe. Allerdings sind die Vorteile aus praktischer Sicht enorm, und die Qualität rückt von Generation zu Generation ans Optimum. Bereits meine inzwischen auch nicht mehr aktuelle Sony Alpha 6000 liefert diesbezüglich schon sehr gut ab, und die Z-Serie legt nochmal kräftig drauf. Ich denke, noch zwei, drei Jahre und der Drops ist gelutscht. Das kann man finden, wie man will, aber es ist Tatsache. Und die Sport- und Wildlifefotografen werden sich gegen die Vorteile nicht wehren können. Und was eine Alpha betrifft: Soviel Kamera in so wenig Gehäusevolumen ist der Hammer. Mit einem Sucher, wo man jeden Durchsichtsucher wegwirft und einer Bildqualität, die auch hohen Ansprüchen standhält.
Allerdings ist sie für viele Geschmäcker schon wieder zu klein. Das hat Nikon ja mit der Z bislang besser gemacht.
Bei mir steht eine Kamera – Anschafung an. Nach langem hin und her und abwegegen zwischen obtischen und elektronischen Sucher wird es wieder eine klassische DSLR Vollformat von Nikon.
Zwei Argumente waren für meine Entscheidung von grosser Bedeutung :
1. Die Vorteile der spiegelosen Kameras sind für meine Bedürfnisse an eine Kamera nicht relevant.
2. Der sehr hohe Stromverbrauch ist auch ein Problem, grade wenn man tage lang unterwegs und weit und breit keine Steckdose zum Aufladen der Aukkus vorhanden ist.
3. Die Kamera ist immer Schuss bereit, das sie nicht ständig Aus und Eingeschaltet werden muss um Strom zu sparen. Einfach Kamera hoch, durch den Sucher Motiv anvisieren und abdrücken.
Wie heisst es so schön: Tod gesagte leben länger, als der der Farbfim kam wurde der SW – Film für tod erkärt, als die Digitaffotografie auf dem Vormarsch befand wurde die analoge Fotografie für tod erkärt.
Auch die DSLR Kamera wird überleben und sie wird es als Marktnische weiterhin geben.
Ich selbst bin gerade umgestiegen und habe eine Z5 gekauft. Als Besitzer einer D90 (neben meiner FM2 und FE2) habe ich mich schon seit Jahren umgeschaut, was meine nächste Kamera sein sollte. Bessere Bildqualität, besserer Autofokus, vielleicht kleiner und leichter als die D90 und nicht zu teuer – aber überzeugt hatten mich weder die spiegellose Konkurrenz (Sucherqualität, Bedienung) noch die nachfolgenden Nikon-DSLRs.
Mit den überall gelobten Z-Nikkoren zeigt Nikon jetzt, dass sie den Umstieg ernst meinen. Und die Z5 ist ein richtiger Aufstieg bei gar nicht so verschiedener Bedienung und sehr attraktivem Preis.
Stromverbrauch? Wurde schon bei der F3 bemängelt. Man wird vorsorgen. Sucher? Besser als bei meinen Klassikern. Und sie ist kleiner und leichter als jede Vollformat-DSLR.
Fazit? Die D90 wird verkauft, die FM2 und zwei MF-Nikkore werde ich allerdings noch lange behalten.
Die Millennium-Generation wird mit ‚Spiegellos‘ kein Problem haben, weil das Smartphone ja auch ohne Spiegel kommt. Für mich bleibt der Blick durch den Sucher, ohne erst Strom anschalten zu müssen, die vorrangige Option. Super ist bei spiegellos die freie Verwenbarkeit aller Linsen über entsprechende Adapter; doch aufpassen: Nicht alle Adapter liefern dann die richtige Fokussierung (AF) ab.