Wieder einmal möchte ich ein paar alte und neuere Nikkore gegeneinander antreten lassen. Diesmal einige Vertreter der 200mm-Klasse. Mal schauen, was ich grade so da habe:
Diese vierlinsige Konstruktion aus dem Jahre 1961 wiegt 640 Gramm und gehört noch zur „Berg-und-Tal“-Generation, die wegen des gewellten Fokus-Einstellringes so genannt wurde. Solide Nikon-Qualität, wirkt „wie aus dem vollen gefräst“. Das getestete, nur einfach vergütete Objektiv wurde mit einem Ai-Blendenring modifiziert und ist somit gut an DSLRs wie der D3 einsetzbar (siehe dazu auch hier). Alle getesteten Festbrennweiten verfügen übrigens über eine ausziehbare Sonnenblende.
1975 kam diese deutlich kürzere und etwas leichtere (510 Gramm) fünflinsige Neukonstruktion auf den Markt. Nikon warb mit einer erheblich besseren Abbildungsleistung. Wurde später auch mit etwas schlankerer Fassung, aber unveränderter Optik als AiS produziert. Beide 200/4 Nikkore haben das Standard-Filtergewinde von 52mm.
Erheblich grösser und schwerer (900 Gramm) ist dieses lichtstarke 180er, das bei seiner Vorstellung 1970 eine Sensation war. Wegen seiner hervorragenden Abbildungsleistung wurde es zum beliebten Klassiker bei Fotojournalisten und Sportfotografen. Es gibt verschiedene Gehäusevarianten vom frühen Nikkor-P Auto (nonAi) bis zum getesteten Ai von 1981, die aber optisch identisch sind. Allerdings gab es die etwas kontraststeigernde Mehrschichtvergütung (Nikon integrated Coating NIC) erst ab 1975.
Dieses legendäre Objektiv war so gut, dass es fast 25 Jahre lang gebaut wurde, selbst als es schon längst die optisch etwas veränderte Autofokus-Version davon gab. Es verfügte über eine Frontlinse aus hochbrechendem ED-Glas, was Nikon durch einen goldenen Ring auf der Fassung kennzeichnete. Wie bei seinem Vorgänger war durch die voluminöse Fassung ein Filtergewinde von 72mm erforderlich. Ist es wirklich besser als das Ai?
Nun zu den konkurrierenden Autofokus-Zoom-Objektiven, zunächst das
Relativ kompakt, nicht zu schwer (540 Gramm) und trotzdem sehr solide, erfreute dieses von 1987 bis 1999 gebaute Schiebezoom reger Beliebtheit. Die grösste Öffnung beträgt am langen Ende aber leider nur 5,6. Die D-Version ab 1993 hat einen etwas schnelleren Autofokus.
Dieses kleine Plastikobjektiv ist mit 360 Gramm mit Abstand das leichteste im Test, macht aber auch keinen besonders soliden Eindruck. Made in China.
Zoom-Nikkor 70-200/2,8 AF-S G VRII ED
Zu guter Letzt noch mein Arbeitstier, ein grosses, anderthalb Kilo schweres und sauteures Monster mit Vibrationsreduzierung (VR) und Nanokristallvergütung. Mal sehen, wie es sich im Vergleich zu den Festbrennweiten schlägt.
Nun aber zu den Vergleichsfotos. Erstmal wieder das Testmotiv im Überblick. Ein Dach etwa 80 Meter entfernt, diffuses Tageslicht. Die zwei Ausschnitte auf den folgenden Vergleichsbildern – eins Nahe der Mitte und eins am Rand – sind eingezeichnet. Die Zoomobjektive wurden nur in der 200mm-Einstellung getestet. Weitere Anmerkungen zu den Tests siehe hier.
Nikkor-Q Auto 200/4
Ergebnis: Bei offener Blende gleichmässige gute Schärfe bis an den Rand. Abgeblendet sehr gut. Dieses Objektiv ist Baujahr 1970!
Nikkor 200/4 Ai
Ergebnis: bei offener Blende noch etwas besser als das Nikkor-Q.
Nikkor 180/2,8 Ai
Ergebnis: bei 2,8 Mitte grade noch gut, Rand mässig. Abgeblendet sehr gut bis an den Rand.
Nikkor 180/2,8 AiS ED
Ergebnis: Die ED-Linsen verbessern die Leistung noch etwas: Bei offener Blende gut, bei Blende 8 sehr gut bis an den Rand.
Zoom-Nikkkor 70-210/4-5,6 AF
Ergebnis: Bei offener Blende (bei 200mm leider nur 5,6) etwas flau, abgeblendet auf 8 gut.
Zoom-Nikkor 80-200/4,5-5,6D
Ergebnis: kaum besser als das ältere 70-210, aber auch nicht so gut wie die Festbrennweiten.
Zoom-Nikkor 70-200/2,8 AF-S G VRII ED
Ergebnis: Das Profi-Zoom erreicht zwar schon bei voller Öffnung gute Schärfe in der Mitte, ist aber selbst abgeblendet nicht so randscharf wie die Festbrennweiten.
Fazit: Wenn höchste Randschärfe gefragt ist, geht nichts über eine gute Festbrennweite, die zudem noch kompakter ist als ein Zoom mit gleicher Lichtstärke. Die „kleinen“ Zoomobjektive sind dafür variabler, brauchen aber viel Licht. Das teure 70-200/2,8 ist dank VR gut für Portraits geeignet, aber gross und schwer.
Viele dieser Objektive erhalten Sie übrigens in meinem shop!
Herzlichen Dank für diese unfassende Übersicht und Ihre Ansichten
zu dieser mehrerer Generationen umfassenden Nikon Brennweite(n).
Obwohl schon seit über 20 Jahren im Beruf bin ich privat immer noch
sehr gerne „Amateur“ sprich von Amator (Liebhaber) abgeleitet ein
Mensch der etwas aus Liebe und Leidenschaft macht.
Beruflich werden viele Festbrennweiten lichtstarken oder IS/VR
modifizierten Zoomoptiken gewichen sein.
Auch wir verwenden an unseren Canon 5D Modellen zu 90%
das Canon EF 4,0/24-105.
Weil es einfach (ist) und schnell den Großteil der Aufgaben abdeckt.
Privat wenn es nicht auf Quick & Dirty ankommt nehme ich mir die Zeit
meine Kamera und Brennweite genau auf das gewünschte Ergebnis abzustimmen.
Sehr oft lande ich bei meinen alten analogen Nikons und den passenden AI oder
Pre-AI Optiken.
Nun wer an einer Nikon D800 maximale Qualität erreichen möchte wird kaum
ein modifiziertes einfachvergütetes, vierlinsiges Nikkor Q 4,0/200 verwenden
wenn selbst ein erstklassiges aber 5 mal so teures Nikkor ED 2,8/180 kaum
der Auflösung des Chips gerecht wird – aber der Unterschied schrumpft sobald
wir den Vergleich auf Film unter die Lupe nehmen.
Genau hier möchte ich Ihnen nochmals zu Ihrer praxisorientierten Übersicht gratulieren !
Was sie da testeten können wir nur bestätigen. Wir sind ein prof. Fotostudio im Bereich Uhren, Schmuck, Gemälde u.a., kurz höchste Ansprüche. Aus Neugier haben wir mal die „alte non AF Ai Scherben“ aus den 1970er bis 1990er Jahren umfangreich getestet – und waren platt ! Die „alten“ Fixbrennweiten sind mehrheitlich so derart gut, dass wir mittlerweile 5 Objektive aus dieser Zeit einsetzen. Zugegebenermassen nur bei statischen Objekten und mit Blenden ab 5.6 (Micro Nikkor 3.5/55mm, 3.5/135mm, 4.0/200mm, 105mm/2.5, 50mm/2.0) Für das ganze 5erSet wurden knapp 1000Euro ausgegeben ! Bis f5.6 sind die neuen schon besser, aber es sind nicht die Welten.
Die Weitwinkeloptiken hingegen von damals sind merklich schwächer, auch bei f 5.6, vor allem gegen den Bildrand. Die Leistung mit Abblendung auf 8 oder 11 merklich besser, aber die modernen WW Optiken sind definitiv besser.
Hallo Herr Michalke,
was mir in dem Test noch fehlt, ist ein Vertreter der ersten 2,8er-Schiebezoom-80-200er. Die gibt es in mehreren Versionen tonnenweise, da wäre eine qualitative Einordnung schon interessant!
Daher wäre folgendes Testfeld für eine Wiederholung genial:
4,0/200 AIS (sofern mit der AI-Variante nicht optisch identisch)
4,5/80-200 AI
4,0/80-200 AIS
gegen das VRII
Bei dem alten AF 4-5.6/70-210 scheinen Sie eine Gurke erwischt zu haben. Mich hat spätestens Ken Rockwells Empfehlung davon überzeugt, mir diese Linse als D-Variante zuzulegen und ich nutze es begeistert als Reisezoom. Meines ist optisch top und hätte vermutlich ein Besseres als als Ihr o.a. Urteil erhalten.