Die Firma Nikon hat im Laufe ihrer Geschichte stets für ihre Produkte geworben und dabei die verschiedenste Strategien gefahren, die auch je nach Land sehr unterschiedlich waren. Und auch mal mehr, mal weniger humor- und geschmackvoll.
In den frühen Jahren waren die Werbeaussagen noch eher schöngeistig und zielten mehr auf die Künstlerseelen, für die Fotografie eine Form der kreativen Selbstdarstellung ist: „Der Mensch oder die Kamera, wer ist für ein gutes Bild verantwortlich?“ fragten die Werber in dieser Anzeige. Eine gewagte Aussage für einen Kamerahersteller, die dann auch in dem langen Text (den heutzutage niemand mehr lesen würde) ausgiebig erörtert wurde und zu dem Schluss kam: Weder das Eine noch das Andere allein, sondern beides im Zusammenspiel.
Später kam man von so tiefschürfenden Betrachtungen ab und setzte mehr auf einfache Fragen. Das Modell Nikkormat FT2 wurde in Deutschland zum Beispiel mit der Aussage beworben, eine Kamera nicht für Technikfreaks zu sein, sondern für Leute, die einfach nur fotografieren wollen:
Die extreme Zuverlässigkeit Ihrer Kameras stellte Nikon in der folgenden Anzeige heraus. Noch auf keiner NASA-Weltraummission seit 1971 habe es technische Probleme mit den Nikon-Kameras an Bord gegeben, so heisst es dort. Deshalb müsse man auch keine Ersatzkameras mitnehmen. Die speziell für die NASA modifizierten Sondermodelle gab es allerdings nicht regulär im Laden zu kaufen.
Aber auch peinliche Ausrutscher passierten: der Unterschied zwischen 2 und 3 Megapixeln ist dieser schlüpfrigen Anzeige zufolge einfach nur darin zu sehen, dass „mehr auch besser ist“. Das traute sich Nikon allerdings offenbar nur in Frankreich. Ob das frauenfeindlich oder einfach nur lustig ist, mag jede(r) für sich selbst entscheiden. Bei genauer Betrachtung ist übrigens erkennbar, dass es sich zweimal um das selbe Model handelt, ein Bild ist seitenverkehrt. Und Photoshop gab es damals ja auch schon.
Eine weiteres Motiv am Rande des guten Geschmacks ist die folgende Anzeigenidee mit dem Text „Lost myself in Nikon“ einer Koreanischen Werbeagentur, mit der Nikon vor Kurzem im asiatischen Raum warb:
Bemerkenswert mutig und komisch war aber 1987 die folgende doppelseitige Anzeige zur Nikon F401/N4004. Eine Kamera also nicht nur für Genies (rechts) sondern auch für minder Intelligente (links). Inwieweit sich letztere dadurch zum Kauf der Kamera animieren liessen, ist mir nicht bekannt.
Unvergessen ist aber wohl das bekannteste Motiv mit der stark ramponierten Nikon F3 des weitgereisten STERN-Fotografen Harald Schmitt. Es macht nicht die technische Ausstattung, sondern die legendäre Unverwüstlichkeit der F3 zum Thema. Nikon war damals ja unangefochten auf Platz 1 bei den Berufsfotografen. Canon tauchte als ernsthafter Konkurrent erst im Digitalzeitalter auf.
Ob diese Behauptung wirklich stimmt, wissen wir nicht, jedenfalls war es eine aussagestarke Kampagne, die nicht wenige Fotofreunde zum Kauf der F3 angeregt haben dürfte. In die gleiche Richtung gingen diese Anzeigen aus dem englischsprachigen Raum, die ebenfalls die F3-Nikons von Kriegsreportern zeigten. Die Texte: „Wir bekommen die miesesten Aufträge der Welt“ sowie „Mit irgend einer anderen Kamera in den Krieg zu ziehen wäre riskant“. Nun ja. Eine Kamera für Helden.
Ein ganz anderes Thema machte diese Anzeigen-Doppelseite zum Thema: das auch nach Einführung des Autofokus weiterhin kompatible Nikon-Bajonett.
Alle seit 1959 gebauten 17 Millionen Nikon-Objektive passten an die F4! Und wirklich, an diese Kamera können von den alten Berg-und-Tal-Linsen bis hin zu den AF-S-Nikkoren (die es übrigens bei Einführung der F4 noch gar nicht gab!) alle Objektive mit Nikon-F-Bajonett angeschlossen werden, wenn auch teilweise mit kleinen Einschränkungen.
Fast alle dieser Klassiker bekommen Sie – und das fast ganz ohne Werbung – bei Nikonclassics, dem Onlineshop für analoge Nikons und manuelle Objektive.
Aus der Color Foto 11/88:
„Bisher bekannte Nikon-Objektive mit integriertem Micro-Chip besitzen aber weniger [elektronische] Kontakte als die Nikon F4. Ist das ein Hinweis auf eine mögliche neue Objektivreihe?“ Tatsuo Fujii von Nikon antwortete darauf: „Über die Bedeutung der Kontakte kann ich zur Zeit noch nichts sagen. Es ist aber möglich, dass sie sich auf eine spätere, zusätzliche Objektivreihe beziehen.“
Soviel zu AF-S 😉
In meinem Gedächtnis hat sich die Anzeige der ramponierten Nikon F3 und deren Aussage
über die Zuverlässigkeit eines Arbeitsmittels für Profis unauslöschlich eingebrannt.
Soweit mir bekannt wurde sie damals auch von eine Jury ausgezeichnet.
Ob man(n) sich nun über den Ausrutscher mit den unterschiedlich „bestückten“ Damen
aufregen oder nur schmunzelnd den Kopf schütteln sollte muß jeder für sich entscheiden.
Vergleichweise genial fallt mir auf Anhieb (zur Nikon F3) nur die Werbung für die Minolta 9xi ein.
Damals versuchte Minolta zum zweiten Mal eine „Professionelle“ zu etablieren und mit dem Bild
einer völlig zerstörten nur von Heftpflastern zusammengehaltenen Kamera und dem Slogan
„Alles wird gut“ auf den 48 (oder 24 ?) Stunden Reperaturservice ein Bein in den Profisektor zu bekommen.
Interessant was rückblickend von Werbung so haften bleibt. Hasselblad verbinde ich mit Mond, Audi Quattro mit Skisprungschanze und, obwohl damals noch kameraloser Schüler: Nikon mit Vietnam. Diese Reporter mit ihren zwei, drei Nikon F um den Hals erweckten in mir das Bedürfnis auch so eine unverwüstliche Kamera zu besitzen. Wobei das jetzt keine gezielte Werbung gewesen ist, sondern das waren Infos aus der Presse bzw. der Tagesschau. Dank des markanten „Gesichts“ der Nikon F konnte man diese immer sehr leicht erkennen. Oder hat das Nikon vielleicht doch so beabsichtigt?
Vielen Dank für den schönen Beitrag! Allerdings erlaube ich mir mal drei Anmerkungen. Die F401 bzw. N4004 ist natürlich nicht von 1971, sondern von 1987 (oder 88?). Bezüglich der Marktanteile von Canon muss man definieren, was man unter Digitalzeitalter versteht. Wenn man damit mikroprozessoergesteuerte Kameras versteht, stimmt die Aussage. Wenn man darunter Digitalkameras versteht, ist die Aussage falsch, denn schon mit der Konkurrenz Nikon F4 gegen Canon EOS 1 sind Nikons Marktanteile derbe unter die Räder gekommen.
Das war einerseits Canons konsequentem Designs geschuldet, das erstaunlicher Weise weniger polarisierte als das der F4. Anderereits war die Eos einfach eine verdammt gute Kamera mit dem gefühlt besseren AF. Ob die F4 heute Kultstatus hat, weil sie im Konzept einzigartig ist oder weil sie zu Spottpreisen zu kaufen ist, kann man nur spekulieren.
Jedenfalls hat die F5 da deutlich wieder aufgeholt, aber Canon sitzt seitdem verdammt fest im Sattel. Macht aber nix, im Gegenteil. Ist ja auch toller Fotokram und Konkurrenz belebt das Geschäft!
Zu der Werbung von Minolta: Ich kann mich noch an die Reportage über das Making-Of erinnern… selten so gelacht. Wobei man sich dabei fragen muss, ob dieser Bericht nicht Teil einer PR-Kampagne war…
Die Anzeige mit der weitgereisten Nikon F3 (1x Reparatur) ziert ebenso mein Arbeitszimmer wie die Anzeige „Wie der Bundeskanzler Nikon sieht“. Diese beiden Anzeigen von Nikon sind aus meiner Sicht die einzig wirklich prägenden Print-Anzeigen rund um die Fotografie aus der Zeit von 1985 bis heute. Sie griffen voraus, was heute in der guten Werbung übliche ist: Geschichten zu erzählen statt kalte Fakten zu präsentieren.
Ein Satz ist mir in Erinnerung geblieben, der gar nicht in der normalen Werbung auftauchte, sondern in der Anleitung zur F3 subtil auf den Motor MD-4 hinwies:
„Nach Ansetzen des MD-4 an Ihre Kamera möchten sie ihn einfach nicht mehr abnehmen“
Stimmt! Mehr kann man dazu gar nicht sagen…