In den achzigern des letzten Jahrhunderts hatte ich eine Leica M6 und mochte das zwar etwas umständliche, aber sehr dezente Fotografieren mit diesem feinmechanischen Meisterwerk. Die frühen Leica-Modelle sind zweifellos Ikonen der Fototechnik. Was aber in den letzten Jahren mit dieser Firma passiert ist, lässt an der menschlichen Vernunft zweifeln. Nicht nur die Hin- und Her-Verkäufe von Firmenanteilen zwischen dem Luxusgüterkonzern Hermès, der Holding ACM Projektentwicklung, der Sokrates Privatstiftung und dem Finanzinvestor Blackstone sind bemerkenswert. Auch die in letzter Zeit auf den Markt gebrachten Produkte.
Die mit „Veau Swift“-Kalbsleder ummantelte „Edition Hermès“-Luxusausgabe der M9-P für den Preis eines gut ausgestatteten Mittelklasse-Autos fand ich ja schon jenseits des guten Geschmacks.
Nun ist aber die Leica M Edition 60 da, ein von Audi designter, glatter, schwerer und scharfkantiger Edelstahlklotz mit dem Innenleben einer „normalen“ digitalen Leica M. Allerdings mit dem Verzicht auf das – ja, Sie lesen richtig – rückwärtige Display. Damit vereint diese Kameras die Nachteile der analogen und der digitalen Fotografie. Einstellen lassen sich nur Zeit, Blende, Entfernung und ISO. Belichtungsautomatik, Weissabgleich, oder gar Autofokus? Fehlanzeige. Nichts gegen puristische Fotografie, aber dann bitte doch richtig analog!
Der Verdacht liegt hier nahe, das das alles nur ein Marketing-Gag ist, der auf betuchte Sammler abzielt, die dafür 15.000 EUR ausgeben sollen. Immerhin sind aber in der schicken Präsentationsbox sogar die mit Leica-Emblem bestickten weissen Handschuhe dabei, mit denen das edle Stück wohl bedient werden will. Ich habe ja auch an sich nichts gegen die in diesem Zusammenhang gerne erwähnten Zahnärzte und Rechtsanwälte, gelegentlich nehme ich ja selbst deren Dienste in Anspruch.
Die erhoffte Wertsteigerung dürfte aber ausbleiben, denn diese betraf bisher eher analoge Kameras, deren Technik ja – im Gegensatz zu digitalen – nicht mehr veraltet. Digitalkameras steigen nicht im Wert. Und nur ein richtiges Negativ oder Dia überdauert problemlos die Jahrzehnte, keine Datei. Wer kann schon in 50 Jahren noch etwas mit einem Jpeg oder gar einem kameraspezifisches Rohdatenformat anfangen?
Mein Rat: Kaufen Sie sich lieber für vergleichsweise kleines Geld eine komplette analoge Nikon-Fotoausrüstung bei Nikonclassics und viele Filme. Und von den gesparten über 14.000 EUR machen Sie eine schöne Weltreise, oder Sie leisten sich ein Segelboot, oder, oder, oder…
(Fotos: Leica)
Alleine die Absurdität dieser Kamera wird sie für betuchte Sammler interessant machen.
Und außerdem: viel absurder als eine Hasselblad Lunar ist sie auch nicht !
Ja, Achim Zeller, die Lunar geht in die selbe Richtung: eine normale Kamera mit überflüssigen Luxus-Features so aufzupimpen, dass sie für Leute interessant wird, die nicht wissen wohin mit ihrem Geld. Als praktizierender Fotograf kann ich da nur den Kopf schütteln: für mich ist eine Kamera ein Werkzeug, kein Heiligtum!
Schön geschrieben und sehr zutreffend! Vielen Dank für die tolle Web-Site, Gruß, JG
(Jetzt fehlen nur noch die richtigen „Anführungszeichen“ …)
Coole Kamera. Bei den wenigen Bedienelementen benötigt man keine Beschreibung.
Problematisch ist es anscheinend für die Zielgruppe, die Kamera auszupacken, das Objektiv zu montieren und sich das Ganze dann umzuhängen.
Aber dafür gibt es ja diesen tollen Videofilm.
Sammeln kann man ja vieles. Auch diese absurde Leica. Dafür braucht man eine dicke Brieftasche. Und wie schon erwähnt: lieber bei NikonClassics drei bis vier Dutzend wunderschöne und edle Teile in perfekter Feinmechaniker-Arbeit aus den 60er, 70er und 80er Jahre kaufen. Und diese schönen Dinge laufen auch noch in vielen Jahrzehnten!
Nun ja, wie heißt es so schön:
Jedem Tierchen sein Plesierchen.
Auch Nikon geht goldenen Zeiten entgegen. 🙂
http://www.heise.de/foto/meldung/Hartvergoldete-Nikon-Df-von-Brikk-2445570.html
Wo Sie Recht haben – haben Sie einfach Recht.
Leica war schon immer etwas „spinnet“ aber mit dieser Snobknipse
haben die Wetzlaer wirklich ihr Meisterstück abgeliefert.
Der Hatrick ist aber gerade die Rückrufaktion für diverse „rostende“ M-Sensoren.
Leica in der Hand der Besten ?
Darüber darf getrost geschmunzelt werden………
Sie alle haben Recht!Die Kamera ist ein Ärgernis.Menschen haben zuweilen absurde Passionen,Sie sammeln Münzen und Briefmarken,Schmuck und Antiquitäten,Kunst jeglicher Richtung,teure Uhren
und Autos, Wald,Immobilien und Tierstimmen.Ja und auch Fotoapparate.Bei keinem der vorliegenden Kommentare ist auch nur die Andeutung von dem zu spüren was den Reiz des Fotografierens in der
analogen Welt ausmacht.Wer jemals vorsichtig in abgedunkelter Umgebung einen echten 36er-S/W-Film in eine Kamera eingezogen hat ,sich dann zum Fotografieren in die Welt begab
,mehrere Filme belichtete und sich dann in seiner Dunkelkammer einschloß,hatte bis zu diesem Moment noch nicht ein Produkt seiner Arbeit gesehen.Denn jetzt wird entwickelt,bei rotem Schummerlicht
hebt sich das erste Foto in der Entwicklerlösung aus dem Weiß des Fotopapiers.Und erst jetzt kann der Fotograf den Wert seines Mühens beurteilen.Liegt doch voll im Trend.SLOW zu fotografieren.Fokussiert wird natürlich mit dem eigenen Auge.
Alle analogen Kameras, aller Fotografen des 20sten Jahrhunderts waren in Schnittbildtechnik zu fokussieren.Wer so fotografieren gelernt hat sieht darin kein Manko.Das ist wie selbst gangschalten und selbst einparken.
Mit dieser Leica M 60 verbringt man eine Tag am brandenden Meer,im verschneiten Gebirge,fotografiert einige Panoramen im Schloßpark oder einer Skyline.Dafür braucht man diese Kamera ganz nötig.
Sie ist auf dem digitalen Stand der Technik und vereint im puristischen Sinne das Beste aus zwei Welten.Sie ist ein FOTOapparat.Mehr soll sie nicht sein.Sie liegt übrigens sehr,sehr gut in der Hand.
Lassen sie sich doch mal erfassen dem Zauber eines wirklichen Fotos das bevor der Auslöser gedrückt wird schon im Geiste des Akteurs entstanden ist.Testen sie sich doch mal,beschaffen sie sich doch mal eine preiswerte
analoge Rangefinderkamera und lernen richtig fotografieren.Sie können auch das unnötige Display von ihrer aktuellen Kamera brechen und mal ausprobieren was sie als Fotograf wirklich Wert sind.
Viel Erfolg und Spaß,den werden sie in jedem Fall haben.
So furchtbar absurd finde ich die Kamera nicht, jedoch kann ich mich nicht mit den Sondermodellen anfreunden. Die Leica M war stets ein Werkzeug und wollte auch immer so verstanden werden. Insofern ist das Weglassen des Displays durchaus eine interessante Idee. Es macht aber keinen Sinn, dieses Prinzip mit einer Kamera einzführen, die eigentlich nur in die Vitrine gehört. Man traut sich nicht, mit der Kamera in den Schützen- oder Konzertgraben zu springen – was eine M6 locker mitmacht.
Letztendlich muss man sich bei Leica fragen, ob man Schmuck oder Werkzeug herstellen möchte. Im Fall von Letzterem sollte die Frage erlaubt sein, ob Makita & Metabo jemals eine ein Gerät im Edeldesign gebaut hat. Nein? Warum nicht?
Ich bin begeisterter Nikon digital und analog Fotograf, jedoch habe ich mich sehr gefreut, als ich von dieser Kamera erfuhr. Klar der Preis ist ein unumgängliches Hindernis aber von der Idee digital mit analog zu verknüpfen habe ich auch schon geträumt. Dabei habe ich nicht, das Gefühl, dass man die Nachteile der analogen und digitalen Technik vereint, sondern die Vorteile! Trotz der fehlenden Eigenschaften wie die Belichtungsautomatik, den Autofokus und den Display erreich man Hochwertige digitale Ergebnisse, allerdings nur wenn man auch die Zeit, Ruhe und Konzentration mitbringt, die die analoge Fotografie heute zu dem machen was sie ist.
Auch wenn ich mir diese Kamera nicht kaufen werde (da sprechen das hohe Gewicht, der noch höhere Preis und die für mich wenig geeignete Brennweite des mitgelieferten Objektivs dagegen) halte ich das Konzept an sich für Klasse.
Maximal reduzierte Bedienelemente. Der Messsucher ist in der digitalen Welt in vielerlei Hinsicht (nicht in jeder) ein Anachronismus. Zusammen mit dem reduzierten und völlig auf die Nutzung von digitalen Rohdaten ausgelegten Bedienkonzept der M Ed. 60 macht er plötzlich wieder ganz viel Sinn.
Es stimmt schon, dass man auch mit anderen Kameras reduziert arbeiten könnte: Bildschirme lassen sich ausschalten, Rädchen mit festen Funktionen belegen und so weiter. Aber erst das Weglassen überflüssiger Funktionen macht diese Herangehensweise wirklich praktikabel.
Ich würde mir das ganze als „normale“ Version wünschen. Ohne Limitierung, ohne Porsche, ohne Edelstahl. Ein gutes Objektiv drauf und ein weiteres in die Tasche und ich bräuchte nichts anderes mehr.
Viele Grüße,
Sebastian
Ich habe sehr spät vom Vorhandensein dieser Leica erfahren, genauer gesagt, erst gestern, und das dann noch zufällig.
Wäre mir vor Jahren wohl nicht so ‚untergekommen’….. warum?
Weil Leica für mich das non plus ultra war, sowohl anwenderisch als auch sammlerisch. Doch als anwenderisch, nicht nur aus meiner Sicht, Leica, irgendwann nicht die Zeichen der Zeit erkannte, oder auch einfach nicht erkennen wollte (…?), wechselte ich in’s Nikon-Lager.
Zuletzt, als bekennender analoger Fotograf, war von der sammlerischen Seite, neben vielen schönen und gut erhaltenen Schraub- und M-Leica’s (darauf legte ich beim Ankauf immer äußersten Wert), eine Leica M 6 J meine teuerste Investition. Ein Augenschmeichler par excellence! Ich kann mich noch gut erinnern, als ich sie zum ersten Mal in, einer hinter Panzerglas geschützten, Vitrine eines Leica-Händlers sah:
Der ‚must have‘ – Funke wollte nicht mehr aus meinem Kopf!
Natürlich brachte mich der angesetzte Preis von damals noch in DM knapp unter 9.000,– ganz schön zum Schlucken, doch ich wollte sie, so oder so. Da ich wenige Tage zuvor unerwarteter Weise vom Grundstücksverkauf meiner Eltern einen schönen Batzen deutscher Mark, sogesehen als vorweggenommenes Teilerbe, erhalten hatte, und der Leica-Händlef mir verkaufsstrategisch glaubhaft die auf Jahre anhaltende Wertsteigerung dieses, aufgrund 40 Jahre Leica M, limitierten Sondermodelles einer M6 mit M3-Touch, suggerierte, gab es für mich kein zurück mehr:
wenige Tage später war ich stolzer Eigner einer M 6 J!
Wie ein rohes Ei behandelt, fotografierte ich auch mit ihr, doch die meiste Zeit, in der ich sie besaß, verbrachte sie in meiner Sammlervitrine. Dann hielt die digitale Fotografie mehr und mehr Einzug, und die Prognose meines zwischenzeitlich insolventen Fotohändlers, hin zu einer angeblichen Wertsteigerung dieser Editon-Leica, erfüllte sich in keinster Weise.
Etwa 7-8 Jahre nach Erwerb, auf jeden Fall schon im Euro-Zeitalter, trennte ich mich mit etwa 25 % Verlust gegenüber meines Kaufpreises, aufgrund einer anstehenden größeren Anschaffung, wieder von ihr.
Als ich, wie eingangs erwähnt, vor kurzem, bedingt durch die Verkaufsanzeige eines Leica-Händlers, von der Existenz der edlen, aber puristischen Leica M 60 Ed. erfuhr,
ist ein ähnlicher Verlauf, jetzt schon, erst 1 1/2 Jahren nach Erscheinen, dieses auf nur 500 Stück begrenzten Editios-Modelles unverkennbar.
Trotzdem: wer diese Leica sein Eigen nennen darf, dem wird’s wohl mehr oder weniger
egal sein.
Denn mit ihr lebt oder erlebt man den Mythos Leica.
Ich finde den Artikel drei Jahre nach der Veröffentlichung der Kamera ja schon auch irgendwie lustig…
Ja sie hat bis jetzt an wert verloren, was aber auch das einzig wahre an dem Artikel ist.
Das Set bestehend aus Kamera und Objektiv ist zur Zeit günstiger zu haben als die selbe Kombi einzeln. Der Verzicht eines Displays ist einfach nur brilliant. Etwas auf das ich lange gewartet habe.
Tatsächlich ist die Kamera unbezahlbar für mich aber sie ist dennoch meine erste Wahl, Falks ich mir mal eine neue Kamera zulegen sollte.
Hallo,
über diesen Artikel musste ich auch schmunzeln. Die weißen Handschuhe sind für mich der Hit. Die machen natürlich besonders viel Sinn, wenn man Nase und Wange an die Rückwand presst und die Wimpern Fett aufs Sucherokular verteilen. Aber vielleicht soll man ja gar nicht durch den Sucher schauen?