Nikkormat FTN – der „Nikon-Panzer“

Nikkormat FTN – eine superrobuste und einfach ausgestattete Kamera im kultigen Design der sechziger Jahre. Und heute noch aktuell, denn sie lässt sich mit fast allen manuellen Nikkoren im vollen Umfang nutzen. Wer auf die Belichtungsmessung verzichtet, kann sogar AF-Objektive verwenden.

Foto aus einem Nikon Prospekt

Foto aus einem Nikon Prospekt

Im Laufe der Jahre hat Nikon viele Kameragehäuse gebaut, die zwar nicht ausdrücklich für Profis konzipiert waren, aber auch nicht unbedingt als Kameras für unbedarfte Anfänger gelten. Die Nikkormat-Serie machte darin den Anfang. Sie wurde nach dem Erscheinen der Nikon F entwickelt, um auch weniger betuchten Amateuren zu ermöglichen, eine hochwertige Kamera für das F-Objektivsystem zu erwerben. Dabei wurden einige Ausstattungsmerkmale weggelassen, die das Profimodell Nikon F so teuer machten. Das war im Wesentlichen der Wechselsucher und der Motoranschluss. Die Robustheit und das einfache und klassische Design macht die Nikkormat-Reihe zu einem Highlight für Nikon-Sammler. Allein das Bullauge, hinter dem das Filmzählwerk der Nikkormat FTN sitzt, ist an Klasse kaum zu überbieten.

Nikkormat FTn, spätere Bauhreihe mit kunststoffumhüllten Schnellspannhebel

Nikkormat FTN, spätere Baureihe mit kunststoffumhüllten Schnellspannhebel

Beim Vergleich der Innereien der Nikkormat FT mit denen der Nikon F findet man große Unterschiede zwischen den beiden. Die gesamte Mechanik sowie die Größe und Form des Nikkormat Spiegel-Mechanismus wurde speziell für einfachere Produktion und Montage ausgelegt. Auch das Grundgerüst der Kamera, das aus Druckguss besteht, wurde vereinfacht. Diese Konstruktion wurde für alle Nikkormat-Kameras sowie die Nikon EL beibehalten.
Bei der Nikon F war ja der Belichtungsmesser in den austauschbaren Photomic-Sucher integriert. Für die Nikkormat-Reihe wurde ein anderer Weg gegangen: wie bei den Kameras anderer Hersteller sollte der Belichtungsmesser in die obere

Erste Baureihe der FTN mit "nacktem" Schnellspannhebel - noch kultiger!

Erste Baureihe der FTN mit Vollmetall-Schnellspannhebel – noch kultiger!

Gehäuseabdeckung integriert werden. Anfangs war geplant, den Belichtungsmesser mit einem separaten Messauge zu versehen. Dieses Konzept wurde dann aber (glücklicherweise) zugunsten eines TTL-Belichtungsmessers aufgegeben.
Was die äussere Gestaltung der Nikomat FT anging, forderte das obere Management, dass sie der Nikon F ähnlich sein sollte. Der Einfluss ist sichtbar in Details wie dem Leder auf der Prismenabdeckung und der achteckigen Form. Allerdings unterschieden sich die beiden Kameras in der Form ihrer Prismenabdeckung, die der Nikon F war spitz und die Nikkormat FT hatte eine 10 mm x 10 mm flache Abflachung an der Spitze. Diese Unterscheidung resultiert aus der Überzeugung der jungen Designer dass die Nikkormat der Nikon F nicht zu sehr ähneln sollte.

Die Kamera, die schliesslich entstand, war deutlich kompakter und leichter als die Profikamera Nikon F, ausgestattet mit einem festen Prisma ohne wechselbare Einstellscheiben. Auch der Motoranschluss wurde weggelassen, ebensowenig gab es einen Zubehörschuh auf dem Prismensucher. Den konnte man aber nachkaufen und am Sucherokular befestigen. Der TTL-Belichtungsmesser war mit Blenden- und Zeiteinstellung gekuppelt, der Copal-Verschluss bot 1/125 sek Synchronzeit. Die Verschlusszeit wurde übrigens nicht, wie später meist üblich, an einem Drehrad an der Kameraoberseite eingestellt, sondern an einem drehbaren Ring um den Objektivanschluss. Alle Objektive des F-Systems konnten verwendet werden, was die Nikkormat auch zu einem beliebten Zweitgehäuse von Berufsfotografen machte. Beim Objektivwechsel musste man allerdings die maximale Lichtstärke des Objektives auf einem Drehring manuell einstellen.
Zeitgleich mit der FT wurde ein Schwestermodell vorgestellt, die Nikkormat FS. Ihr fehlte der Belichtungsmesser und die Möglichkeit der Spiegelarretierung.
Die Nippon Kogaku hatte in den frühen 60ern noch kein Vertriebssystem in Europa, deswegen ist sowohl die Nikkormat FT als auch die Nikkormat FS hierzulande sehr selten.

Die Nikkormat FTN gab es auch in schwarz

Die Nikkormat FTN gab es auch in schwarz

Das Nachfolgemodell Nikkormat FTN kam dann 1967 auf den Markt.  Sie war das bekannteste und populärste Modell aus der Nikkormat-Reihe. Erkennbar ist sie an dem gravierten „N“ über dem aussen angebrachtem Belichtungsmesserfenster (übrigens ein nützliches Feature, das bei der späteren Nikon FM leider weggelassen wurde). Beibehalten wurde das heute so wunderbar nostalgisch anmutende große runde Fenster des Filmzählwerkes.

Die Belichtungsmessung erfolgt im Gegensatz zum Vorgänger FT mittenbetont, die Verschlusszeiten werden jetzt im Sucher angezeigt. Sichtbar sind immer drei Verschlusszeiten, die mittlere ist die eingestellte Zeit. Am rechten Rand des Sucherbildes befindet sich die mit Plus- und Minussymbol versehene Klammer; wird die in der Klammer sichtbare Nadel auf die Mitte zwischen diesen Symbolen eingestellt, stimmt die Belichtung.
Neu war auch die halbautomatische Eingabe der Anfangsöffnung des angesetzten Objektives. Dazu wird das Objektiv wird vor dem Ansetzen an die Kamera auf Blende 5,6 gestellt, nach dem Ansetzen ans Gehäuse wird der Blendenring erst nach links und dann nach rechts bis zum Anschlag gedreht; damit wird dem Belichtungsmesser die größte und die kleinste Blende des verwendeten Objektivs mitgeteilt. Die umständliche Fummelei wie bei der Nikkormat FT entfällt von nun an. Die Belichtungszeit wurde nach wie vor an dem drehbaren Ring um das Objektivbajonett eingestellt.
Etwas unpraktisch ist bei der Nikkormat FTN die Verstellung der Filmempfindlichkeit. Unten im Zeiteneinstellrad integriert muss dazu ein kleiner und oft recht schwergängiger Metallrahmen verschoben werden.

Die überaus robuste und auch in Europa sehr beliebte Nikkormat FTN war in verchromter oder schwarz lackierter Ausführung lieferbar. 1973 wurde sie kosmetisch überarbeitet: Filmtransporthebel und Selbstauslöserhebel wurden in schwarzes Plastik eingebettet. 1975 folgte dann die etwas modifizierte Nikkormat FT2.

Schon 1972 aber war die Nikkormat EL erschienen, eine Kamera mit elektronischem Verschluss und Zeitautomatik. Dazu später an anderer Stelle mehr.

Nikkormat FT2 aquf einem Nikon-Werbefoto

Nikkormat FT2 auf einem Nikon-Werbefoto

Die Nikkormat FT2 ist erkennbar an dem nun fest angebautem Zubehörschuh auf dem Prismensucher. Beibehalten wurde das heute so wunderbar nostalgisch anmutende große runde Fenster des Filmzählwerkes.
Auch sonst unterscheidet sie sich vom Vorgänger nur in ein paar Details: Der kunststoffüberzogene Schnellschalthebel und Selbstauslöser, die neue Belederung, die neue Einstellscheibe, jetzt mit Schnittbildentfernungsmesser. Ein weiteres eindeutiges Unterscheidungsmerkmal ist das auf der Gehäuseoberseite angeordnete Sichtfenster für die Belichtungsmesser-Nadel, es wurde mit einer +/- Anzeige für Über/Unterbelichtung versehen.
Die Einstellung für die Filmempfindlichkeit wurde überarbeitet und ist jetzt deutlich fingernagelfreundlicher. Die Belichtungszeit wurde aber nach wie vor an dem drehbaren Ring um das Objektivbajonett eingestellt.
Wichtig allerdings noch: die FT2 ist die erste Nikkormat, die anstelle der aus Umweltschutzgründen heute nicht mehr erhältlichen Quecksilberbatterien mit 1,3 V eine kleinere 1,5 V Batterie verwendet, wie sie heute überall zu kaufen ist. Mehr zur Batterieproblematik bei alten Kameras hier.

Prospektfotos

Nikkormat FT2, Prospektfotos von 1975

1977 wurde die AI-Blendenkupplung vorgestellt. Vorbei die Zeiten, in denen man zum Ansetzen eines Objektivs den Blendenring auf 5,6 stellen, den Blendenmitnehmer in Ruhestellung und nach dem Einrasten des Objektivs den Blendenring vor und zurück drehen musste. Mit AI reicht ein Griff, um den Blendenmitnehmer, gesteuert durch den Nocken am Blendenring des Objektivs, in die korrekte Position zu bringen. Eine für den schnellen Objektivwechsel doch willkommene Erleichterung.

Auch die Nikkormat FT2 bekam eine AI-Kupplung und hiess nun FT3. Das aber nur kurze Zeit, denn noch im gleichen Jahr wurde die Nikkormat-Reihe eingestellt und durch die kompakteren und leichtere FM ersetzt. Wegen der kurzen Produktionszeit ist die Nikkormat FT3 eine recht seltene Kamera und bei Sammlern sehr gefragt.

Ein paar dieser kultigen Prachtstücke gibt es aber heute noch zu kaufen: bei Nikonclassics.

5 Gedanken zu „Nikkormat FTN – der „Nikon-Panzer“

  1. Randle P. McMurphy

    Nikkormat die zweite Wahl oder die bessere Nikon ?

    Provokativ aber rechnen wir doch mal die Fähigkeiten
    und den Preis Kontra den vergleichbaren F Modellen !

    Wer auch heute noch seinen alten Pre-Ai-Objektive
    einen Automatik-Modus spendieren möchte sollte
    einmal einen Blick auf die Nikkormat EL oder ELW
    werfen. Zeitautomatik im robusten Gehäuse und
    die Batterien gibt es noch immer……. !!

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  2. Alex

    Aus welchem Material besteht eigentlich der Nikkormat FT3 ? (und/Oder) auch die F3 ? aus demselben ?
    Denn bei manchen schwarzen FTN’s sowie auch bei einigen schwarzen F3’s sieht man gerne schon mal die goldenen Ecken durch. Bei den verchromten Ausgaben könnte ich mich hingegen nicht erinnern… lediglich an fießen grünen Belag bei alten vernachlässigten silbernen Kameras…was mich nämlich leicht besorgt, sollte ich nochmal eine hübsche FT3 in ihrem Angebot entdecken. Denn die will ich durchaus benutzen und nicht in der Vitrine stehen lassen… Regnerische Verhältnisse und verbleibende Feuchtigkeit sind doch dann aber problematisch Oder ?

    mfg

    Antworten
    1. Nikonclassics Artikelautor

      Die metallenen Oberkappen bestehen bei den analogen Nikons aus Messing. Der schwarze Lack ist aber nicht so haltbar wie die Verchromung, deshalb schimmert irgendwann das Messing durch. Regenwasser und Feuchtigkeit sollte man aber tunlichst entfernen und die Kamera auch trocken lagern, um Schimmelbildung zu vermeiden.

      Viele Grüße,
      Norbert Michalke

      Antworten

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