Im Laufe der letzten Jahrzehnte sind Kameras immer schlauer geworden. Nicht nur dass sie selbsttätig fokussieren und die Blende-Zeit-Kombination bestimmen, sie denken auch mit: sie entscheiden, ob geblitzt wird oder nicht; erkennen, dass ein Portrait gemacht wird und können oft sogar automatisch auslösen wenn gelächelt wird.
Leider sind die Kameras aber dadurch auch immer komplizierter geworden, denn alle diese Funktionen und Parameter müssen auch eingestellt werden. Wenn man sich den Umfang der Bedienungsanleitungen der Nikon Profireihe mal ansieht, fällt auf, dass im Laufe der Jahre aus einem 30-Seiten-Heftchen (Nikon F, 1959) ein 458-Seiten-Wälzer geworden ist (Nikon D4).
Eigentlich klar, denn bei der guten alten Nikon F gab es im Wesentlichen nur drei Einstellungen: Blende, Belichtungszeit, Entfernung! Das alles ist schnell erklärt, ein gewisses Grundwissen vorausgesetzt. Ab der F4 kamen Programmautomatik und die Autofokus-Funktionen dazu. Bei der modernen Digicam sind es dutzende von Menü- und Untermenüpunkten, die beachtet werden wollen. Eine fast unüberschaubare Funktionsvielfalt macht das Studium der Anleitung und auch die Vorbereitung einer Aufnahme zu einer langwierigen Angelegenheit.
Natürlich kann man das alles sein lassen und ein Motivprogramm an der Kamera einstellen. Wer komplett die Kontrolle über das Bildergebnis verlieren will kann das gerne tun, muss sich dann aber „Knipser“ nennen lassen. Mit ernsthafter Fotografie hat das nämlich nichts zu tun.
Aber es gibt eine Lösung. Denn auch Digitalfotografie kann ganz einfach sein: Nämlich so wie früher, mit der Einstellung weniger Parameter. Vielen Fotografierenden ist nämlich nicht bewusst, dass bei einer Verwendung des Rohdatenformates NEF die meisten Bildeinstellungen irrelevant sind. Sie können nämlich ebenso gut bei der späteren Rohdatenkonvertierung justiert werden. Das betrifft Einstellungen wie Weissabgleich, Kontrast, Farbsättigung, D-Lighting, Schärfung und so weiter. Alle diese Einstellungen können dann später in Ruhe am Rechner vorgenommen werden (äquivalent zur früheren Dunkelkammer). Dabei bleibt das „Negativ“, also die Original NEF-Datei immer erhalten; alle Anwendungen wirken sich nur auf das dann daraus erzeugte JPG oder TIFF aus. Eine schöne Sache, die das Fotografieren deutlich stressfreier macht.
Aber macht es die Bedienung der Kamera wirklich leichter? Njein. Es gibt immer noch einen Haufen Dinge zu beachten und einzustellen. Von den Belichtungsmodi mal abgesehen gibt es meist mehrere Möglichkeiten, den Autofokus zu kontrollieren. Da gibt es die Menüpunkte „Dynamisches AF-Messfeld“, „Schärfenachverfolgung mit Lock-On“, „Auslösepriorität bei AF-C“ und vieles mehr.
Die Lösung ist: nehmen Sie ein manuelles Objektiv und bestimmen Sie selbst ganz in Ruhe, wo die Schärfe liegen soll. Stellen Sie die Kamera auf das NEF-Datenformat. Wählen Sie eine passende „Film“-Empfindlichkeit. Nun brauchen Sie nur noch Blende und Zeit einstellen, scharfstellen und auslösen. Oder Sie arbeiten mit Zeitautomatik und überlassen der Kamera die richtige Belichtung. Und wenn Sie statt eines Zoom eine Festbrennweite verwenden, haben Sie noch weniger einzustellen und können Sich noch mehr auf das eigentliche Bild konzentrieren. Voilá: Fotografieren wie vor 50 Jahren! Nein, sogar noch entspannter: Sie können nämlich bei Bedarf auf dem Monitor auch gleich nachsehen, ob die Belichtung wirklich stimmt…
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Guter Artikel!!
Genau so habe ich vor 3 Jahren meinen Umstieg zur Digitalfotografie vollzogen.
D700 gekauft, vorhandene AI bzw. AI-S-Objektive dran – und los. Ergebnis: tolle Fotos, wie ich sie von meiner FM2 / FE2 gewohnt war, lediglich mit besserer Kantenschärfe und weniger Korn.
(Inzwischen hab ich aufgerüstet und AF-Telebrennweiten angeschafft – einfach weil bewegte Tiere manuell bei diesen langen Brennweiten nur bedingt manuell scharfzustellen sind …).
Wer aber bevorzugt Landschaft/Produkt/Porträt fotografiert – immer ran mit den manuellen Objektiven!
Ich liebe das in ausschließlich deutscher Sprache geschriebene dicke Handbuch meiner D700; keine DVD, kein Link auf eine Homepage; keine 10 Sprachen.
Einmal komplett durchgelesen (auf dem Sofa; auf den Bahnfahrten; im Garten) und dann die D700 auf meine individuellen Bedürfnisse eingestellt.
Das Handbuch wird nach einigen Monaten fotografieren noch einmal überflogen und geprüft, ob die ursprünglichen Einstellungen der D700 für meine Bedürfnisse noch passen.
Das reicht dann. Damit muss ich kaum noch etwas einstellen und fotografiere so entspannt wie mit meiner analogen F3. Außer: Einer meiner Söhne benutzt die D700. Danach erkenne ich die Kamera nicht mehr wieder. Das passiert mit der F3 nicht 🙂
Wie gut sich die digitale Welt mit der analogen Welt verträgt, erlebe ich überzeugend bei meiner Traumkombination D 7000/Nikon 2.5/105. Die Kombination modern/klassisch eignet sich hervorragend für die diskrete, blitzfreie Theater- und Tanzfotografie. Schon die Ergebnisse direkt „aus der Kamera“ ohne jegliche PC-Nachbearbeitung sind derart gut, dass ich mein kleines mechanisches Tele (Kenner behaupten, es sei mit das beste Objektiv, das Nikon je gebaut habe) niemals gegen eine AF-Optik aus heutiger Produktion tauschen würde!
wenn der weißabgleich falsch ist, kann jedoch der headroom der raw dateien bzw. des sensors nicht mehr ausreichen und es kommt zu farbclipping WENN der RICHTIGE (!) weißabgleich am PC eingestellt wird.
-> der WAB sollte immer einigermaßen passen, weil es auch bei RAW nur begrenzt korrigierbar ist.
Nein, das trifft nur zu, wenn im jpg-Format fotografiert wird. Im RAW/NEF-Format werden die Dateien gespeichert, OHNE dass der eingestellte Weissabgleich auf die NEF-Datei Einfluss hat. Er ist z.B. in Lighroom einstellbar, ohne dass es zu Farbclipping kommt. Der eingestellte Weissabgleich wird nur in der Datei „vermerkt“, um auf die Vorschau angewendet zu werden. Somit stellt das RAW/NEF-Format im vollen Umfang ein „digitales Negativ“ dar, egal welcher Weissabgleich an der Kamera eingestellt ist.
Das Fotografieren mit alten manuellen Objektiven ist wirklich sehr schön und macht viel Spaß, zumal man mit den etwas höherwertigeren Nikons ja auch die Zeitautomatik voll nutzen kann. Und das Fokussieren funktioniert auch noch brauchbar, wenn auch nicht so schnell, wie mit einem Schnittbild / Microprismenring. Aber auch mit AF macht es sehr viel Spaß, zumal Nikon mit dem 3D-Modus etwas sehr geiles geschaffen hat – man ziehlt auf das Objekt mit dem AF-Punkt und zieht dann den Body mit halb durchgedrückten Auslöser in die gewünschte Position. Und o Wunder – der AF-Punkt bleibt am Objekt kleben…
Was ich aber nicht verstehen kann, wenn sich (speziell Anfänger) damit hervortun wollen, indem sie behaupten – sie fotografieren nur im „M“-Modus. Die Erfahrung erlaubt ihnen so gute Fotos zu machen… Wenn man dann nachfragt, werden oft 4-5 Fotos geschossen um per Trial und Error sich an die richtige Einstellungen heranzutasten. Dafür verwende ich halt eine passende Automatik meiner Cam, meist die Zeitautomatik, um das Bookeh zu kontrollieren. Manchmal aber auch die „P“-Automatik, da ich auch dort noch mit einem der Räder shiften kann. Ich finde, dass es wichtig ist, zu wissen welche Funktionen die Kamera besitzt und wie man sie bedient. Das ist heutzutage schon einfacher als bei den Analogen aus dem Ende der 90er, bei denen schon einige Funktionen eingestellt werden konnten, aber das nur über komplizierte Eingaben, die auf Tastendrücken und eine Zahlenauswahl fußten – da war man ohne Handbuch aufgeschmissen.
Guter Artikel.
Vieles davon gilt aber auch für höherwertige Analog-Nikons auch. An meiner F90x nutze ich primär Zeitautomatik und secundär die manuelle Einstellung. Dazu manuelle Zeissoptiken (M42) mittel Adapter plus Sigma-Allrounder.
Wenn ich sehe wie die modernen Digi-Boliden mit Knöpfchen und Tasten übersät sind und man erst einen Kurs in digitaler Bildverarbeitung braucht, dann graust es mir vom Umstieg.
Noch dazu wenn die Kameras bzw. die Zusatzsoftware nicht mit UNIX/Linux kompatibel ist.
MfG